Schiedsmann berichtet: "Die Leute streiten sich wegen Kinkerlitzchen"

Heinrich Mörtter verabschiedet sich nach 35 Jahren Ende des Jahres in den Ruhestand.

Krefeld. „Man muss schon ein wenig Verhandlungsgeschick für dieses Ehrenamt mitbringen“, sagt Heinrich Mörtter ohne jede Eitelkeit. Als Schiedsmann beweist er sein diplomatisches Geschick bereits seit 1978. Im nächsten Januar läuft seine Wahlzeit ab und die Verabschiedung steht an. „Nach so vielen Jahren muss auch mal gut sein“, meint der 75-Jährige.

Nach der Heirat mit seiner Frau Maria zog Heinrich Mörtter 1965 von St. Tönis nach Traar. Er arbeitete als Beamter bei der Stadt Krefeld. „Heute bewirbt man sich offiziell für das Schiedsamt“, erzählt Mörtter. „Mich hat man damals einfach gefragt: ‚Willst du das nicht machen?’“

Das offizielle „Okay“ kam dann vom Stadtrat und die Bestellung durch den Amtsgerichtsdirektor. Die ersten Jahre „hospitierte“ Mörtter als Stellvertreter. Seit 1983 ist er Schiedsmann für den Krefelder Osten mit den Stadtteilen Traar, Verberg, Elfrath und Gartenstadt. 2005 kam Bockum hinzu.

Fielen vorher acht Fälle pro Jahr an, waren es plötzlich bis zu 20 Streitigkeiten, die Mörtter schlichten musste. Ist Bockum eher auf Krawall gebürstet? „Nein“, antwortet der Schiedsmann und lacht. „Aber Bockum ist sehr groß.“ Die vielen Eigentümer hätten die klassischen Nachbarschaftsthemen „Bäume, Hecken, Sträucher“. 90 Prozent des Schiedsamts bestehen aus der Schlichtung dieser bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten.

Manchmal entflamme ein Zwist auch an Geldforderungen. Die anderen zehn Prozent machen die strafrechtlichen Streitigkeiten aus. „Bedrohung, Beleidigung oder leichte Körperverletzung“, zählt Mörtter auf. Hausfriedensbruch oder die Verletzung des Briefgeheimnisses sind bei ihm noch nie vorgekommen.

Wenn sich Nachbarn in den Haaren liegen, ist der Schiedsmann die erste Instanz vor dem Zivilgericht. „Ich vermittle zwischen den Parteien und versuche eine Einigung zu erreichen.“ Seine Erfolgsquote ist gut. Die Hälfte der Fälle endet mit einem Vergleich. Das entlastet die Gerichte und schont die Finanzen. „Ein Vergleich kostet 25 Euro plus Schreibgebühren und Porto“, erklärt Mörtter.

So sehr er sein Amt liebt, so traurig stimmt es ihn, „dass die Leute sich überhaupt wegen solcher Kinkerlitzchen streiten“. Jeder poche auf sein Recht, von Pflichten höre keiner gerne.

Nach seiner Verabschiedung im Januar legt Heinrich Mörtter nicht etwa die Hände in den Schoß. In zwei Schützenvereinen ist der rüstige Großvater von drei Enkelkindern noch aktiv. Seit 1999 setzt er sich als Mitglied des Seniorenbeirats für die Interessen älterer Menschen in Krefeld ein. 40 Jahre arbeitete er im Kirchenvorstand in Traar mit. „Nach der Fusion habe ich mich nicht mehr aufstellen lassen“, sagt der Schiedsmann. „Aber es gibt dort noch genug Probleme, bei deren Lösung ich gerne helfe.“