Stalking: Was oft harmlos beginnt, wird zur Hölle
Allein im vergangenen Jahr wurden in Krefeld 120 Fälle angezeigt. Fachberaterin Juliane Saulle vom SkF bietet den Betroffenen ihre Hilfe an.
Krefeld. Ein Stalker will Aufmerksamkeit, er will Macht ausüben. Um jeden Preis. Dazu ist ihm jedes Mittel recht. In den meisten Fällen ist es der ehemalige Partner, aber auch ein Nachbar, Arbeitskollege, Patient oder ein Bekannter. In seltenen Fällen ist es ein völlig Fremder, der sich bei einer zufälligen Begegnung auf eine Person regelrecht einschießt. „Überwiegend sind die Täter männlich“, erzählt Juliane Saulle vom Sozialdienst katholischer Frauen (SkF). Aber auch Frauen stalken.
Bei der Beraterin der Fachstelle Häusliche Gewalt mehren sich die Fälle, in denen Menschen unterschiedlichen Alters gegen ihren Willen verfolgt und belästigt werden. Inzwischen verstärkt auch übers Internet. Deshalb hat der SkF Stalking zum Schwerpunkt seiner Arbeit in diesem Jahr gemacht.
Ein extremer Stalking-Fall wird derzeit vor dem Landgericht Krefeld verhandelt: Thomas H. (44) wird versuchter Mord an seiner ehemaligen Freundin (31) und deren drei Kindern vorgeworfen.
„Die Übergänge zwischen nicht erbetener Kontaktaufnahme und direkter Bedrohung sind fließend“, erzählt Saulle. In fast allen Fällen erstreckten sie sich über einen längeren Zeitraum.
Was oft harmlos beginnt, zunächst mit einzelnen Telefonanrufen, SMS oder Mails, steigere sich rasch ins Unerträgliche. Der Stalker meldet sich zu jeder Tages- und Nachtzeit, lauert dem anderen auf, verfolgt ihn, nimmt Kontakt zu Kollegen, Freunden, Familie oder sogar den Kindern auf und hinterlässt Nachrichten oder „Liebesbezeugungen“ wie Liebesbriefe, Geschenke und Blumen. Bei der verschärften Form sind das Bestellen von Waren auf den Namen des Opfers, das Eindringen in die Wohnung, Zerstören von Eigentum, falsche Beschuldigungen, Nötigung wie auch sexuelle Übergriffe möglich.
Die Auswirkungen von Stalking belasten die Opfer schwer. Die Betroffenen leben in ständigen Angst- und Stresssituationen, fühlen sich stets beobachtet und bedroht. Folge seien Vertrauensverlust, Angst- und Panikattacken, Schlaflosigkeit, Verlust von Selbstvertrauen bis hin zu Depressionen und Suizidgedanken. Um dem zu entfliehen, ziehen sich viele zurück, sind oft krankgemeldet und müssen sogar Arbeitsplatz und Wohnung wechseln.
120 Fälle von Stalking sind allein im vergangenen Jahr in Krefeld angezeigt worden; 7000 waren es landesweit in NRW. „Das Problem dabei ist, dass die oder der Betroffene die Übergriffe beweisen muss“, sagt Saulle. Sie rät deshalb jedem dazu, alles zu dokumentieren, Zeugen zu benennen sowie Familie und Freunde zu informieren.
Damit das Stalking aufhört, sei es sehr wichtig, konsequent den Kontakt abzubrechen. Der Rat der Fachberaterin: „Ignorieren Sie die Person und reagieren Sie nie auf Briefe, SMS oder Anrufe. Jede Reaktion — ob positiv oder negativ — wird als Aufforderung verstanden, weiterzumachen.“ Der Stalker lerne außerdem, dass es sich lohnt, hartnäckig zu sein.
Die Fachstelle für häusliche Gewalt des SkF bietet Opfern rasche Hilfe an. Dazu gehört auch, Strafanzeige zu erstatten und bei Gericht eine Schutzanordnung zu beantragen. Saulle: „In Krefeld sind Polizei, Fachstellen und das Gericht hierfür sensibilisiert.“ Das macht auch der gemeinsame Informations-Flyer deutlich — „Stark gegen Stalking“.
Kontakt: SkF, Blumenstraße 17-19, Telefon 15 22 057