Straßenbau-Ärger Straßenbau-Beiträge sorgen in Krefeld für Ärger
Krefeld · Anlieger, die bei Bauarbeiten an ihrer Straße hohe Summen zahlen müssen, sind genervt. Politiker diskutieren mögliche Entlastungen – aber die Stadt Krefeld braucht das Geld. Es geht immerhin um Millionen.
Diese 3400 Euro hätte Blanche Nohr lieber anders investiert. Vor einigen Jahren kaufte die Amerikanerin einen schmucken Altbau an der frisch sanierten Blumenstraße. Zum Kaufpreis hinzu kamen eben jene 3400 Euro. Mit diesem sogenannten „Straßenbaubeitrag“ beteiligte die Stadt Krefeld die anliegenden Eigentümer an Bauarbeiten. „Nicht gerecht“, nennt Nohr das und schiebt hinterher: „Die Stadt tut nichts für uns.“ Die Parkplatzsituation sei weiterhin kritisch. Und um Pflege und Sauberkeit der Blumenstraße würden sich vornehmlich Anwohnerinnen wie sie kümmern.
Viele Krefelder teilen Nohrs Unverständnis für die Straßenbaubeiträge. Bislang sind Kommunen in Nordrhein-Westfalen dazu verpflichtet, Baukosten teils an Grundstückseigentümer weiterzugeben. Der Steuerzahlerbund drängt seit einigen Wochen darauf, die Beiträge abzuschaffen und findet tausende Unterstützer (siehe Kasten). Der Landtag hat nun unter anderem beschlossen, dass geprüft werden soll, ob Kommunen künftig selbst über die Erhebung der Gebühr entscheiden können.
Es wurden Beiträge in Höhe von 4,26 Millionen Euro erhoben
Derzeit werden Anlieger an der Finanzierung beteiligt, wenn das Straßennetz erneuert, erweitert oder verbessert wird. Nach Angaben des Bundes der Steuerzahler können die Beiträge bis zu sechsstellige Summen erreichen. Dem Bauministerium des Landes zufolge kamen so zwischen 2009 und 2016 jährlich zwischen 112 Millionen und rund 127 Millionen Euro in die Kassen der Kommunen. Im Zeitraum 2014 bis 2017 wurden in Krefeld Beiträge in Höhe von 4,26 Millionen Euro erhoben.
Bei vielen Bürgern sorgen die Kosten für Verunsicherung. „Ich gehe davon aus, dass wir noch zahlen müssen“, sagt etwa eine Anwohnerin an der Marktstraße, die ihen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte. Kürzlich seien die Bauarbeiten vor ihrer Haustür beendet worden. Noch habe sie von der Stadt nichts gehört, aber einen anstehenden Autokauf hat sie lieber verschoben. Die Frau ist genervt von so viel Unsicherheit. Die Mitarbeiter der Stadt wissen um das Ärger-Potential der ungeliebten Beiträge. Dennoch ist für sie schwer vorstellbar, ohne die Millionen der Bürger auszukommen. Je nach Straßentyp und Art der Arbeit müssen die Anwohner zwischen 30 und 80 Prozent der Kosten tragen. Recht günstig kommen die Anlieger etwa bei Arbeiten an der Fahrbahn von Hauptverkehrsstraßen weg.
In der Krefelder Politik sorgt das Thema für Differenzen
Deutlich höher ist ihr Anteil, wenn es an der gleichen Straße um den Gehweg oder Parkstreifen geht. Sollten die Straßenbaubeiträge wegfallen, hat die Stadt Krefeld wohl ein Problem. In diesem Fall sei „die künftige Finanzierung offen“, teilt die Verwaltung mit und hinterfragt Alternativen. „Mit der bestehenden Regelung will der Gesetzgeber, dass Anlieger sich an den Kosten beteiligen, weil sie mehr als die Allgemeinheit von der straßenbaulichen Maßnahme profitieren“, heißt es. „Diesem Grundsatz würde eine Finanzierung derartiger Maßnahmen allein durch die Allgemeinheit nicht entsprechen.“
In der Politik sorgt ein mögliches Aus der Straßenbaubeiträge für Streit. Die SPD-Landtagsabgeordnete Ina Spanier-Oppermann wünscht sich eine Entlastung der Bürger. Der Plan der Landesregierung aus CDU und FDP, den Kommunen die Erhebung der Beiträge freizustellen, kann sie wenig Gutes abgewinnen. Die Sozialdemokratin fürchtet ein Zwei-Klassen-System aus armen und reichen Kommunen. „Das ist in höchstem Maße ungerecht, führt zur Spaltung unseres Landes und wahrscheinlich dazu, dass die Bürger in Düsseldorf bald keine Gebühren zahlen müssen, in Krefeld aber schon“, spekuliert Spanier-Oppermann.
Krefelds CDU-Kreisvorsitzender und Landtagsabgeordneter Marc Blondin kontert. Er wirft Vertretern der SPD vor, „den Bürgern beim Thema Straßenausbaubeiträge Sand in die Augen zu streuen“. Den Sozialdemokraten sei klar, dass eine „simple Abschaffung der Beiträge nicht durchdacht und auch nicht durchfinanziert“ sei.
Blondin setzt auf die möglichen Reformen, die die Landesregierung anstrebt. Darin gehe es zunächst um „eine frühzeitige und verpflichtende Bürgerbeteiligung, damit alle wissen, was auf sie zukommt“, sagt der CDU-Mann.
Es gehe aber auch um Aspekte wie einen Rechtsanspruch auf Ratenzahlungen oder Härtefallregelungen. Das seien „sicher weniger populistische, wohl aber deutlich substanziellere Anregungen, um berechtigten Bürgerwünschen entgegenzukommen.“