Krefeld Streit um Mondrians Werke
Nach den Forderungen der Erben des Künstlers, will die Stadt der Frage nachgehen, wie die Bilder ins Museum gekommen sind.
Krefeld. Acht Bilder des niederländischen Künstlers Piet Mondrian sind in den 1950er Jahren unter mysteriösen Umständen im Krefelder Kaiser-Wilhelm-Museum (KWM) aufgetaucht. Vier Werke wollen die Erben des Künstlers zurück. Die restlichen vier hat der damalige Museumsdirektor Paul Wember gegen andere Kunstwerke getauscht. Dafür wollen die Erben nun eine Entschädigung.
Doch wie sind die Werke eigentlich in den Besitz der Kunstmuseen gekommen? Die Stadt will dieser Frage nun auf den Grund gehen. „Die Kunstmuseen Krefeld werden (. . .) eine aktuelle Provenienz- Untersuchung (dt: herkommen, Anmerkung der Redaktion) der Gemälde Mondrians einleiten und einen Spezialisten mit der Erforschung beauftragen“, erklärt die Stadt in einer Stellungnahme. Diese Fragen haben sich allerdings auch in der Vergangenheit die Museumsdirektoren Paul Wember und Gerhard Storck gestellt. Auch in der Westdeutschen Zeitung sind die Werke und ihr mysteriöses Auftauchen immer mal wieder Thema gewesen.
Gerhard Storck, Leiter der Kunstmuseen Krefeld (1975—1999)
Zum 130-Bestehen des Museums schrieb der damalige Kulturredakteur Heinz-J. Ingenpahs 2006: „Mit dem Nachfolger Max Creutz (1922-1932) zog ein neuer Geist ins Haus am Karlsplatz. Creutz war ein Kenner der zeitgenössischen Malerei, schuf etwa dem Expressionismus eine Plattform. Die Vorlagensammlung wanderte sukzessive in die Depots und Dachbodenverschläge (. . .). Die freie Kunst begann zu triumphieren. Es war damals auch die Zeit, in der die vier sagenhaften Mondrian-Bilder auf rätselhafte Weise ins Haus kamen.“
Auch der ehemalige Museumsleiter Gerhard Storck schrieb 2007 in der WZ: „Wie konnte es überhaupt geschehen, dass ausgerechnet diese Werke von strahlender Qualität bei der ,Säuberung des Tempels’ durch die Nationalsozialisten in den dunkelsten Ecken des Hauses, die noch dunklere Zeit der Barbarenherrschaft überdauerten?“
Der Anwalt der Erben wirft dem Kunstmuseum Vertuschung vor. Die Stadt sagt, das Gegenteil ist der Fall: „Paul Wember, der bis 1975 das Museum geleitet hat und 1987 verstorben ist, hat die Arbeiten immer wieder gezeigt und ins In- und Ausland verliehen. Wie Wember selbst haben auch seine Nachfolger Gerhard Storck und Martin Hentschel sowie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter intensiv zur Herkunft der Werke geforscht, ohne dass diese Herkunft eindeutig geklärt werden konnte. Die Arbeiten sind über die Jahrzehnte mehrfach öffentlich präsentiert und publiziert worden.“ Eins der Bilder sei konservatorisch so gefährdet gewesen, dass es nicht verliehen werden konnte. Es ist jedoch im Bestandskatalog des Jahres 1963 abgebildet, wie auch die drei anderen Werke.
Da zumindest drei der vier Mondrian-Werke aus der Sammlung der Kunstmuseen über die Jahrzehnte immer wieder gezeigt wurden, sei der Vorwurf der Vertuschung laut der Stadt schlichtweg falsch.
Paul Wember habe die drei Werke von Mondrian unter anderem 1956, 1958, 1959 und 1960 für Ausstellungen verliehen. „Auf diese Weise stehen die Arbeiten als Teil einer musealen Sammlung bis heute einer interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung“, schreibt die Stadt. Auf die Frage, was die Mondrian-Erben mit den zurückgeforderten Bilder planen, lag der Redaktion bis zum Redaktionsschluss keine Antwort vor.
Laut der Stadt bestätigen die Anwälte in ihrer eigenen Argumentation selbst Anhaltspunkte dafür, dass die fraglichen Bilder auch als Schenkung ins Museum gelangt sein könnten. Demnach habe Mondrian regelmäßig Gemälde verschenkt, für die er aktuell keine Verwendung mehr hatte. „Insofern liegt der Gedanke nahe, dass er sie seinerzeit bewusst dem Kaiser-Wilhelm-Museum überlassen hat — und davon geht die Stadt Krefeld aus.“