Erkrankung Tuberkulose: Facharzt schlägt Alarm
Das Presseamt und die Helios-Klinik dementieren Anstieg von Infektionsfällen unter Flüchtlingen in Krefeld.
Krefeld. Ist die Zahl der an Tuberkulose (Tbc) erkrankten Flüchtlinge tatsächlich viel höher als der bisher einzige bekannte Fall aus der Landes-Notunterkunft in der Glockenspitz-Sporthalle? Dr. Michael Schroers, Lungenfacharzt (Pneumologe) und Allergologe mit Praxis an der Dreikönigenstraße, schlägt Alarm. Er habe in den vergangenen Wochen eine Reihe von Tuberkulose-Patienten aus Flüchtlingsunterkünften behandelt. Der Mediziner geht davon aus, dass die tatsächliche Zahl der Tbc-Patienten deutlich höher ist.
In der Glockenspitzhalle sind zeitweise über 200 Flüchtlinge untergebracht, die von hier aus nach rund zwei Wochen in andere Kommunen weiterverteilt werden. Anfang November wurde dort der erste Fall von TBC bekannt, der im Helios-Klinikum behandelt wurde.
Schroers glaubt, es seien in Krefeld deutlich mehr Fälle. Er sieht das Hauptproblem in den Krankenhäusern. Nach den medizinischen Erstuntersuchungen in den Notunterkünften würden Tbc-Verdächtige sofort in Krankenhäuser eingewiesen. „Die Kassen kommen bei Flüchtlingen finanziell nur für vier Wochen Krankenhausaufenthalt auf. Notwendig aber wären bei akuten Fällen mindestens drei Monate für eine erfolgreiche Behandlung.“
Das hieße, nach den vier Wochen würden akut Kranke entlassen, also Menschen mit einer ansteckenden bakteriologischen Krankheit, die Dutzende andere Menschen anstecken könnten. Schroers: „Sie stecken vor allem in den Unterkünften an, aber auch in der Straßenbahn, im Supermarkt oder im Kino.“
An einer ansteckenden Tuberkulose Erkrankte geben beim Sprechen, Husten und Niesen feinste Tröpfchen in ihre Umgebungsluft ab, die ansteckend sind. Zusätzlich kompliziert, so Schroers, werde die Behandlung durch Sprachprobleme. „Es ist so gut wie nicht möglich, dem Patienten den komplizierten Behandlungsprozess zu vermitteln.“
Die erste medikamentöse Therapiephase nenne man auch Initialphase. Sie dauere mindestens zwei Monate. Die Erkrankung könne wiederkehren, wenn man sie nicht mindestens sechs Monate lang konsequent mit verschiedenen Medikamenten behandele.
Die Stadt dementiert diese Einschätzung. „In den Flüchtlingsunterkünften in Krefeld gab es bisher insgesamt zwei Fälle von offener Tbc, deren Behandlung in beiden Fällen ohne Besonderheiten verläuft und wo bisher keinerlei Ansteckung von Kontaktpersonen verzeichnet wurde“, heißt es aus dem Presseamt. Über beide Fälle sei berichtet worden. „Generell werden Behandlungskosten von Flüchtlingen, darunter auch die für den stationären Aufenthalt, aus dem kommunalen Kontingent durch die Stadt Krefeld übernommen. Für die Flüchtlinge in der Glockenspitzhalle trägt das Land die Kosten.“ Die Flüchtlinge seien nicht Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen.
Auch das Helios-Klinikum kann keinen nennenswerten Anstieg der Tuberkulosefälle verzeichnen. „Derzeit wird bei uns ein Patient behandelt, der aber auf dem Weg der Besserung ist. Auch in den letzten vier Wochen war dies der einzige Fall. Insgesamt behandeln wir etwa 30 bis 40 Patienten im Jahr.“
Was die Dauer der stationären Behandlung anbelangt, heißt es: „Einen festgelegten Zeitraum gibt es hier nicht. Grundsätzlich werden alle Patienten, bei denen eine offene Tuberkulose diagnostiziert wird, stationär aufgenommen. Entlassen werden sie dann, wenn die stationäre Behandlung nicht mehr erforderlich ist.“
Die Frage der Entlassung stimme man in jedem einzelnen Fall eng mit dem Gesundheitsamt ab. Genauso begleite das Amt auch die weitere Behandlung und entscheide über die anschließenden Vorsichts- und Isolierungsmaßnahmen. Das Gesundheitsamt war gestern nicht zu erreichen.