Krefeld „Voll cool!“: Wohngemeinschaft hat sich gut eingelebt
Vor einem halben Jahr haben sich fünf junge Menschen mithilfe der Lebenshilfe zu einer Wohngruppe zusammengeschlossen. Die WZ hat sie noch einmal besucht.
Hüls. Zuerst wird gewürfelt: Wer die höchste Zahl wirft, darf das Spiel auswählen. Heute hat Johannes eine „5“. Am liebsten wäre ihm das Kartenspiel „Phase 10“. „Aber das ist zu schwierig bei so vielen“, rät seine Mutter Luise Siemes ab. Also kommt „Lange leben“ als erstes dran. Dabei geht es um das Sammeln.
Alle legen eine Karte auf. Haben zwei dieselbe, müssen sie eine davon abgeben und eine weitere auf ihre Doppelte legen. Dann bekommt derjenige mit der höchsten Karte sämtliche ausliegende Karten. Runde um Runde werden Karten aufgelegt, abgegeben, gesammelt. Am Schluss werden die einzelnen Stapel nebeneinander gelegt: Der von Johanna ist am höchsten — sie ist Siegerin in der ersten Runde und lächelt fein. Ihr folgt Johannes, die dritte ist Isabell. Jeden Montag ist Spiele-Abend für die neue Wohngruppe. Die Stunde zwischen Rückkehr von der Arbeit und Abendessen vergeht wie im Fluge. Diesmal beteiligen sich vier der fünf Bewohner, eine ist verreist.
Luise Siemes leitet die Gruppe schon sehr lange: „Es sind bestimmt 15 Jahre“, sagt sie und erinnert sich: „Damals hat Johannes im Gemeindehaus mit dem Trommeln angefangen. Aber ich bin nicht musikalisch, und habe daher Bewegungs- und Gesellschaftsspiele vorgeschlagen.“ Dazu kamen die Kinder regelmäßig in die Gemeinde. Inzwischen finden die Spiele-Abende mal in der Gemeinde, mal in der neuen Wohngruppe statt.
Seit dem Frühjahr wohnen die fünf jungen Menschen mit Behinderung zusammen. Vier von ihnen stammen aus Hüls. Sie gingen gemeinsam zur Schule und kennen sich hier bestens aus. Jetzt arbeiten alle fünf in der Werkstatt für behinderte Menschen (HPZ).
Sie haben über die Lebenshilfe ein Haus angemietet. Es gehört der katholischen Kirchengemeinde St. Cyriakus. Inzwischen haben sie sich gut eingerichtet: Jeder hat ein eigenes Zimmer und zusammen nutzen sie Küche und Wohnzimmer, Terrasse und Garten. Dorthin haben sie nach einem guten halben Jahr im neuen Zuhause ihre Eltern eingeladen.
Ein Grillfest mit Bewohnern, Mitarbeitern der Lebenshilfe und den Eltern war das Zeichen: „Wir sind angekommen.“ Spielexpertin Luise Siemes erzählt: „Ich habe so viel Erfahrung mit ihnen — ich wusste, dass es mit der WG gut klappt.“ Die positive Einstellung zur neuen Wohnform wurde auch schon beim Grillabend deutlich. Für Eltern wie WG-Bewohner ist der Abnabelungsprozess aber noch nicht abgeschlossen.
Doch alle sehen sich auf einem guten Weg. „Meine Tochter ruft mich jeden Tag dreimal an“, berichtet Isabells Mutter. „Sie sagt mir Guten Morgen, berichtet von ihrer Arbeit und wünscht mir dann noch eine Gute Nacht.“ Dank Mobiltelefon kein Problem — auch wenn die Mutter mal unterwegs ist. Natürlich vermissen die Eltern ihre Kinder: „Am Anfang war es schwer, aber es ist doch wie ein Sechser im Lotto“, ergänzt sie.
Johannes zum Beispiel verbringt das Wochenende oft bei den Eltern. „Es klappt ausgezeichnet“, sagt sein Vater Michael Siemes. „Nur ich tu mich noch ein bisschen schwer.“ „Zuhause“ ist für den einen oder anderen WG-Bewohner manchmal noch das Elternhaus und manchmal schon die WG. Johanna komme nur noch kurz nach Hause, berichtet ihre Mutter, „ihr geht es total gut hier.“ Bei Isabell, genannt Isi, fühlt es sich genauso an: „Die WG ist cool!“