Das Wunder von der Grotenburg Vom DFB-Pokalsieger zum Oberligisten
Der einstige FC Bayer Uerdingen und heutige KFC blicken auf eine bewegte Vereinsgeschichte zurück.
Krefeld. Vielleicht ist ja die Befindlichkeit von Kalli Feldkamp der Anfang von allem — von dem, was vom FC Bayer 05 Uerdingen in der Epoche vor drei Jahrzehnten entstanden ist und nun nicht weniger als in Trümmern liegt.
Der Pokalsieger-Trainer hat zum 30. Jubiläum des Jahrhundertspiels gegen Dresden gesagt: „Als ich den Zeitpunkt spürte, hier bewegt sich nichts mehr, da muss man sich mit der Familie zurückziehen und überlegen: Was bieten wir? Was kriegen wir? Und da geht es nicht um Geld.“
Ein nicht ausverkauftes Stadion zum Saisonauftakt gegen die Bayern, ein Jahr nach dem Pokalsieg gegen die Mia-san-mia-Giganten und nur fünf Monate nach diesem ewigen Erlebnis, diesem 7:3 in der Grotenburg gegen Dresden. Das stimmte den erfahrenen Fußballlehrer nachdenklich — elf Monate später zog er weiter, verließ den Club. Er wurde ein Jahr später Pokalsieger mit Eintracht Frankfurt, auch mit Kaiserslautern triumphierte er im Pokalfinale in Berlin. Das war 1990, ein Jahr später führte er die Teufel vom Betzenberg zum Meistertitel.
Feldkamp badete 1991 in Champagner, der FC Bayer stieg da gerade aus der Bundesliga ab. Mit einer Mannschaft, von der alle Fachleute behaupteten, damit könne man nicht absteigen — Stéphane Chapuisat war im Winter noch gekommen, brach sich bedauerlicherweise das Bein, Wolfgang Funkel, Marcel Witecezk, Holger Fach, Horst Steffen, Jan Bartram oder Stephan Paßlack — sie alle gehörten zum Absteigerteam.
Zu dieser Zeit, als alles zu erodieren drohte, blieb eine personelle Konstante — Friedhelm Funkel. Die Klub-Ikone wurde mit 37 Jahren Cheftrainer. Es war eine Zeit, in der Funkel aus dem, was geblieben war nach dem Abstieg 1991, noch das Beste machte. Das waren zwei Aufstiege — aber auch zwei Abstiege.
Den zweiten Gang in die 2. Liga erlebte er nicht mehr im Amt, weggejagt vom Hof. Das war 1996. In der Rückschau das Jahr des endgültig zementier-ten Niedergangs. Gut 18 Monate zuvor hatte die Bayer AG verkündet, die finanziellen Zuwendungen für die Uerdinger drastisch zu streichen. In der Spielzeit 1995/96 räumte der Konzern das Trikot, zahlte aber noch auf vereinbartem hohen Niveau — im Hintergrund.
Mit dem Einfrieren der üppigen Zahlungen und dem sportlichen Abstieg entwickelte sich für den Verein ein kaum zu bewältigendes Dilemma. Er musste mit der Hypothek der ewigen Identifikation als Bayer-Club auf dem freien Markt neue Sponsoren finden und drohte in der sportlichen Bedeutungslosigkeit zu versinken.
An den Schaltstellen im operativen Geschäft arbeiteten zwei Bayer-Angestellte: Geschäftsführer Edgar Geenen und Lizenzspieler Klaus Janzen. Ein Spagat, der nur schwer gelingen konnte auf dem freien Markt. Drei Jahre hielt sich der Club noch in der 2. Liga. 1999 ging es dann sportlich bergab — Regionalliga. Und finanziell, weil an den Fleischtöpfen üppig fließender Fernsehgelder labten sich die Clubs aus Liga eins und zwei.
Die erste Nicht-Bayer-Vereinsführung um Professor Dr. Schulte-Wissermann holte wegen der finanziell angespannten Situation den Straelener Bauunternehmer Hermann Tecklenburg mit ins Boot. Zwei, vielleicht vier Jahre noch zu Beginn des ersten Jahrzehnts im neuen Jahrtausend konnte ein wenig Hoffnung keimen auf Besserung.
Synonym dafür waren die Ex- Spieler und Trainer Jos Luhukay (2000 bis 2002) und Pele Wollitz (2002 bis 2004). Wenig später war der Club insolvent — ein verlorener Rechtsstreit über Zahlungen zur Nutzug des Trainingsgeländes am Löschenhofweg.
Vier Jahre taumelte der Club dann am Rande des Abgrundes, ein Lizenzentzug beförderte den ihn in die Sechstklassigkeit — bis Agissilaos Kourkoudialos kam. Lakis gab Geld, bekam Macht — und probierte viel. Vieles misslang auch. 2011 gelang allerdings nach Jahren des Niedergangs der erste Aufstieg nach 17 Jahren. In die NRW-Liga.
Zwei Jahre später führte der Holländer Eric van der Luer den Club in die Regionalliga. Zwei Jahre später war der Höhenflug beendet — Abstieg 2015 in die Oberliga. Und die Zeichen auf eine direkte Rückkehr im Sommer sind denkbar ungünstig. Bei zehn Punkten Rückstand auf Tabellenführer Wuppertal.