Spaziergang Was eine Reporterin aus Düsseldorf in Krefeld verbessern würde
Krefeld · Beim Spaziergang durch Krefeld erlebt eine Düsseldorfer WZ-Reporterin eine schöne Stadt – mit Luft nach oben.
Krefeld ist eine schöne Stadt, an manchen Stellen sogar eine Gartenstadt mit Parks und Stadtwald. Die Museen zwischen Linn und Wilhelmshofallee suchen ihresgleichen. Es gibt einen Zoo, bemerkenswerte Denkmäler und erstaunlich viele nette Menschen, die dem Fremden weiterhelfen, wenn er in die falsche Richtung gelaufen ist. Doch einige kleine Dinge würden die Stadt noch schöner, sicherer und lebendiger machen. Ein Spaziergang zwischen Ostwall und dem Kaiser-Wilhelm-Museum.
Die Haltestelle Rheinstraße braucht einen zweiten Überweg
Ich komme mit der K-Bahn, sprich U76, an der Endhaltestelle Ostwall-Rheinstraße in Krefeld an. Zunächst gerate ich ins Staunen. Die Haltestelle ist extrem großzügig errichtet. Lässig können die Bahnen hintereinander halten. Übersichtlich sind die Zeittafeln. Genügend Plätze gibt es zum Sitzen für die Wartenden. Ich bewundere die leichtfüßigen Bahnen der Stadtwerke Krefeld und wundere mich über den Koloss der U-Bahn aus Düsseldorf, die ratternd in die Haltestelle fährt und zu der man emporsteigen muss. Aber jetzt kommt der Haken:
Es fehlt an der Haltestelle Rheinstraße der zweite offizielle Überweg. Bei so einer langen Haltestelle ist er bitter nötig. Wer nicht in Höhe Rheinstraße, sondern in Höhe Neue Linner Straße über die Straße will, und das wollen sehr viele Krefelder, braucht viel Mut und flotte Beine. Es gibt zwar einen Blindenstreifen, aber keine Ampel, keinen Überweg, Nichts. Obwohl die Verkehrsteilnehmer hier nur 20 km/h fahren dürfen, steht der arme Teufel von Fußgänger möglicherweise zwischen einer Bahn, die ihm die Sicht nimmt, und einem Rattenschwanz von Autos sobald die eine Straßenbahn gleich hinter der anderen in Richtung Hauptbahnhof fährt. Bahnfahrer und Autofahrer fühlen sich ganz offensichtlich als Stärkere und lassen den Fußgänger links liegen.
Erst ein Autofahrer mit Duisburger Kennzeichen hat ein Erbarmen mit der Düsseldorferin und lässt sie durch. Er kennt die Verkehrssituation vom Opernplatz in seiner Heimatstadt. Daher der Appell an die Stadtverwaltung: Ein zweiter Überweg über den Ostwall an der Endhaltestelle ist überlebenswichtig für Nicht-Motorisierte.
Der Ostwall kann für Fußgänger noch viel schöner werden
Bevor in vier Jahren die 650-Jahrfeier der Stadt Krefeld begangen wird, sollten sich die Stadtväter zu Fuß über den Ostwall, die einst schönste Straße der Stadt, bewegen. Sie sollten den Bürgersteig der Westseite Richtung Marktstraße nehmen. Ich habe es getan und war befremdet: Die Autos beherrschen dort den Bürgersteig. Ich dränge mich mühsam zwischen parkenden Autos und Schaufenstern vorbei. Schade um die Ladenbesitzer, denke ich. Vielleicht fällt den Stadtvätern oder der Initiative Ostwall etwas ein, um die Bürgersteige wieder zum Promenieren frei zu geben.
Die Open-Air-Gastronomie ist in der Seidenstadt Mangelware
Nun suche ich in der City nach Kaffees und Lokalen, die in Städten wie Düsseldorf und vor allem Köln eine so große Rolle spielen. Auf der Aachener Straße in Köln oder der Luegallee in Düsseldorf tragen die Open-Air-Gäste zum Flair des jeweiligen Stadtteils bei. Auf dem Ostwall ist das Mangelware. Auf meinem Weg zum Kaiser-Wilhelm-Museum steuere ich als erstes die Bäckerei Ullrich an der Marktstraße an, von der die ehemalige Pressesprecherin der Krefelder Museen behauptet, sie sei die attraktivste in der näheren Umgebung. Die Auswahl an Spezial-broten und Backwaren des Traditionsunternehmens ist groß. Aber vor der Tür stehen nicht etwa wie drinnen Café-Stühle, die zum Verweilen einladen könnten, sondern Autos. Sie parken dort, obwohl es gegenüber das Behnisch-Parkhaus gibt. Die Stadtväter scheinen ein großes Herz für parkende Autos zu haben.
Ich gehe die Marktstraße weiter entlang und stehe vor der Restaurantkette Vapiano im Behnisch-Haus. Hier endlich kann man auch im Herbst draußen sitzen und die letzten Sonnenstrahlen genießen. Gegenüber steht ein kleines Mahnmal für die Alte Synagoge in Gestalt von Basaltsteinen, wie sie Joseph Beuys so liebte. Dahinter liegt das Restaurant Mamma’s, das einen gemütlichen italienischen Eindruck macht.
Daneben stoße ich auf der Marktstraße auf ein Café unter dem Kaufhof-Parkhaus zwischen Loh- und Königstraße. Hier wird aufgetischt. Die Gäste frühstücken, einige nehmen auch schon ihr Mittagessen ein. Die altmodische, erdrückende Markise, die die Umgebung dunkel und düster macht, scheint sie nicht zu stören. Ein paar farbige Sonnenschirme würden die Situation heiterer erscheinen lassen.
Der belebte Neumarkt ist ein Vorbild für die Innenstadt
Endlich komme ich zum Neumarkt. Dies scheint der einzige Platz zu sein, der funktioniert. Wie selbstverständlich sitzen die Leute vergnügt vor zahlreichen Café, wie dem Café Extrablatt. Die Stühle nehmen nicht viel Platz vom Bürgersteig weg, die Sitzplätze sind überdacht. Wer will, kann auch einen Kaffee to go ordern. Was in anderen Städten selbstverständlich ist, das Leben im Freien, muss in Krefeld erst noch entwickelt werden. Der Neumarkt könnte ein Vorbild sein.
Die ewige Baustelle vor dem Eingang ins Museum am Westwall
Die Marktstraße weiter entlang, steuere ich zu auf den Platz vor dem Kaiser-Wilhelm-Museum, den Joseph-Beuys-Platz/Karlsplatz, und wundere mich, wie lange es dauert, den Platz rund um das Museum umzugestalten. Insgeheim frage ich mich auch, warum man ausgerechnet hier den Westwall abpollern will. In Krefeld wird über ein Gesamtkonzept für die vier Wälle. Nordwall, Ostwall, Südwall und Westwall geredet, um das von Vagedes entworfene städtebauliche Viereck endlich wieder als Einheit in Erscheinung treten zu lassen und stadtplanerisch fortentwickeln zu können. An der Stelle vor dem Museum wird der Boulevard aber gekappt. Vielleicht liegt es ja daran, dass der Karlsplatz lange vor dem Bau des Museums schon als Platz angelegt war und auch genutzt wurde. Das erklärt auch, wieso das Museum postalisch nicht am Westwall, sondern am Karlsplatz (inzwischen vor dem Eingang in Joseph-Beuys-Platz umbenannt) liegt.
Der Rathaus-Vorplatz ist zwar schön, aber menschenleer
Ich gehe den Westwall entlang in Richtung St.-Anton-Straße und steuere das Rathaus am Von-der-Leyen-Platz an. Was für ein schöner Platz befindet sich vor der klassizistischen Fassade mit den rot blühenden Blumen über den dorischen Säulen. Alles wirkt perfekt und streng und schön. Dennoch: Der politisch wichtigste Platz der Stadt mit der Volkshochschule an einer Seite bleibt ohne Volk. Vielleicht ändert sich das ja, wenn er in wenigen Monaten ebenfalls neu gestaltet ist.
Ich kehre zurück zur Haltestelle Rheinstraße. Hoffend, dass die U76 mich nicht wieder eine halbe Stunde warten lässt. Kürzlich beim Fahrplanwechsel bekamen die Schreihälse aus dem Norden Düsseldorfs ihren Wunsch erfüllt: Die U79 fährt nun häufiger. Vielleicht sollten die Krefelder auch einmal schreien, denn in der U76 stehen die Fahrgäste in der Rush Hour wie die Heringe nebeneinander. Was waren das noch schöne Zeiten, als der Restaurant-Wagen mitfuhr. Da konnte man beim Rausfahren aus Krefeld genüsslich noch einen Kaffee trinken.