Wespen sind lästig, aber friedlich
Die Experten raten, bei einem Nest nicht vorschnell zu handeln: Meist sind die Insekten nicht gefährlich.
Sommerzeit ist Wespenzeit. Das bekommt das Team vom „Wespentelefon“ der Stadt momentan besonders zu spüren. Wer ein Nest bei sich entdeckt, sucht oft Rat bei den Experten. Pro Jahr gehen bei der Beratungsstelle im Schnitt 450 Anrufe ein. Dieses Jahr sind es noch mehr als üblich. Andrea Funke ist Biologin und bei der Unteren Naturschutzbehörde im Fachbereich Grünflächen für den Artenschutz zuständig. „Noch in den 90er-Jahren wurden etwa 700 Nester pro Jahr vernichtet“, erzählt sie. Von dieser Zahl sei man heute zum Glück weit entfernt.
Das Bundesnaturschutzgesetz schreibt vor, dass wildlebende Tiere ohne dringenden Grund nicht einfach getötet werden dürfen. Insbesondere bei den besonders geschützten Arten gelte deshalb oft: leben und leben lassen.
Funke konnte die Beratungsarbeit schon bald nicht mehr alleine stemmen. Unterstützung bekommt sie deshalb von drei Mitgliedern des Entomologischen Vereins Krefeld, darunter Martin Sorg. Auch der Imkerverein, der ja eigentlich eher für die Biene zuständig ist, steht ehrenamtlich mit Rat und Unterstützung zur Seite. Oft könne schon am Telefon geholfen werden, selten gebe es direkten Handlungsbedarf, sagt Martin Sorg. „In vielen Fällen liegt lediglich eine Belästigung durch die Wespen und ihre Nester vor und keine wirkliche Gefährdung.“ Die Experten geben dann Verhaltenstipps, wie man sich am besten mit den unerwünschten Mitbewohnern arrangiert.
„Auf keinen Fall sollte man selbst Hand anlegen“, rät Funke. Generell gilt: Wespen sind nicht aggressiv und haben kein Interesse daran, den Menschen zu stechen, solange sie sich nicht bedroht fühlen. Man sollte deshalb versuchen, die unmittelbare Nähe zum Eingang des Wespennestes zu vermeiden, nicht im Einflugloch herumstochern, den Nestbereich wenn möglich absperren. Und lieber zum Telefon greifen als vorschnell zu handeln. „Am schlimmsten sind die Fälle, bei denen versucht wird, mit Wasser oder Feuer gegen die Tiere vorzugehen. Das nehmen die einem sehr schnell übel und danach hat man dann erst ein richtiges Problem“, sagt Marian Amend vom Imkerverein. „Man muss nicht immer gleich den Schädlingsbekämpfer anrufen. Denn die wissen nicht immer, was sie tun. Manchmal reicht schon ein Fliegengitter als Schutz oder eben der nötige Abstand zum Nest“, erklärt Sorg.
Das Thema
Insekten
Ein Fallbeispiel zeigt, wie Mensch und Tier sich auch auf engem Raum miteinander arrangieren können. Karin Mast vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Krefeld/Viersen erzählt: „Vor einigen Jahren hatte ich ein Wespennest in der Dunst-Abzugshaube. Nach Rücksprache mit einem Entomologen habe ich es hingenommen — zumal die Wespen, sobald sie aus der Haube rausflogen, gleich zum Fenster flogen, ohne mich zu behelligen.“ Die verirrten Tiere habe sie dann mit Glas und Bierdeckel am Fenster eingefangen und ins Freie befördert. Der beste Rat ist also oft: den Tieren den nötigen Raum zu geben, dann stechen sie nicht.
Die Deutsche Wespe und Gewöhnliche Wespe sind die beiden Arten, die wegen ihrer Liebe zu menschlichen Speisen wie Grillwurst oder Pflaumenkuchen oft lästig sind und deshalb auch für die meisten Anrufe bei den Beratern sorgen. Oft könnten die Anrufer jedoch nicht mal die herkömmliche Wespe von Honigbiene oder Hummel unterscheiden, berichtet Amend. Die Experten sind besorgt: „Wir beobachten in den vergangenen Jahren eine zunehmende Entfremdung von der Natur.“
Ein anderes Problem ist nach Auffassung der Experten die diesjährige Dürreperiode: Die Insekten suchen verstärkt nach Flüssigkeit und deshalb auch die Nähe des Menschen. Das führe dazu, dass man die Tiere als „aufdringlicher“ wahrnehme. Doch Sorg kann beruhigen: Schon mit den erwarteten Regenfällen sollte sich die Situation zwischen Mensch und Wespe zumindest wieder etwas entspannen. Und: Wespen kehren kein zweites Jahr in dasselbe Nest zurück.