Bebauungsplan Wie das Krefelder Projekt Rheinblick gebaut werden soll
Krefeld · Eines der schwierigsten Bebauungsplanverfahren der Stadt Krefeld könnte im Februar zu einem erfolgreichen Ende kommen: Nach einer Planungsdauer von mehr als 20 Jahren.
Eines der schwierigsten Bebauungsplanverfahren der Stadt Krefeld könnte im Februar zu einem erfolgreichen Ende kommen: Nach einer Planungsdauer von mehr als 20 Jahren strebt die Stadtverwaltung für die Ratssitzung am 28. Februar den Satzungsbeschluss für das Areal „Rheinblick“ in Uerdingen an. Schon am kommenden Donnerstag, 2. Februar, wird die 800-seitige Vorlage für den B-Plan 772 dem Stadtrat vorgelegt. Drei öffentliche Auslegungen hatte es zuvor gegeben – die jüngste Mitte 2021.
Für die Gesamtstadt sei der B-Plan Rheinblick „ein großer Wurf“, sagt Planungsdezernent Marcus Beyer: „Krefeld rückt näher an den Rhein.“ Denn der B-Plan macht exklusives Wohnen am Wasser in großem Umfang möglich. Zwei Investoren haben dazu konkrete Pläne vorgelegt: Die First Retail Consult GmbH strebt eine Kombination von gewerblichen- und Mischnutzungen (Büros, Hotel, Geschäfte) sowie etwa 130 Wohneinheiten in mehreren Gebäuden inklusive Tiefgarage an. Auch einen zentralen, öffentlich nutzbaren Platz am Wasser soll es geben. Die Dr. Schmitter GmbH & Co Projektbau KG plant eine Landmarke mit maximal acht Geschossen am südlichen Beginn des „Rheinblicks“ in einer Kombination aus Wohnen und gewerblichen Nutzung. 45 Wohneinheiten und eine Tiefgarage unter dem Hauptgebäude sind Bestandteil der Pläne.
Hochwasserereignisse und Lärmschutz berücksichtigt
Eine „Planung in einem Guss“ verspricht Marcus Beyer für den „Rheinblick“. Öffentliche und private Flächen gingen nahtlos ineinander über. Auch werden Flächen, die seit Aufgabe der gewerblichen Nutzung des Areals in den 1990er Jahren brach liegen, neu entwickelt.
Lärmschutz-Vorschriften, Störfall-Abstände für den Fall eines Unfalls auf dem Gelände des Chemieparks und Hochwasserschutz sind die wichtigsten Bestandteile des B-Plans 772. So ist die Planung jetzt auf ein 500-jähriges Hochwasserereignis abgestimmt, ein Hochufer soll sogar verhindern, dass ein Schiff in einem solchen Fall eines der Gebäude treffen könnte.
Die Sicherheitsabstände wurden aufgrund neuer gesetzlicher Regelungen – abgestimmt mit der Bezirksregierung Düsseldorf – erhöht und die Nutzungsmöglichkeiten in Teilbereichen eingeschränkt. Dies betrifft vor allem die Planung von First Retail im nördlichen Bereich des 50 000 Quadratmeter großen Areals. Ein Gutachter hat die Störfall-Abstände berechnet.
Die Lärmkonzeption soll vor allem den Chemiepark im Bestand, aber auch mit Blick auf seine zukünftige Entwicklung sichern. Durch eine vertikale Gliederung, bei der Bereiche für das Wohnen ausgeschlossen werden, wird eine Mischnutzung festgelegt. Reine Wohngebiete werden dadurch ausgeschlossen. Folge: Die höheren Lärmwerte für Mischgebiete sind einzuhalten (60 Dezibel am Tag, 45 in der Nacht) – in einem reinen Wohngebiet würden 55 dB tags und 40 dB nachts gelten. Auch bestimmte Nutzungen werden an der Stelle ausgeschlossen.
„Alle Betriebe im Umfeld, unter anderem entlang der Hohenbudberger Straße, wurden berücksichtigt“, sagt Beyer mit Blick auf den Gewerbelärm. Das trifft auch auf die Fläche des Chemieparks zu, der aktuell mit einer Lärmbelastung von 50 bis 60 Dezibel pro Quadratmeter (Tag und Nacht) berechnet wurde. Ein Erweiterungspotenzial um 60 Prozent (zusätzlichen zwei Dezibel) ist eingerechnet worden. Für einen Anlieger, der vor allem vom Warenaustausch am Schiffsanleger R141 betroffen ist, wurde die maximale Lautstärke im B-Plan als Regelbelastung eingerechnet. Mit diesem Ansatz sei man „auf der sicheren Seite“, so Beyer. Die Warteposition der Schiffe spiele nur eine untergeordnete Rolle.
Vier Anwaltskanzleien haben Verfahren begleitet
Für drei von vier Baubereiche der First-Retail-Planung werden aufgrund stark eingeschränkter Nutzungen nur geringe Immissionen erwartet. Die Lärmberechnung sei im Rahmen der Offenlage durch die Bezirksregierung anerkannt worden, so Beyer. Über das öffentlich-rechtliche Verfahren hinaus wolle sich der Investor freiwillig zur Unterschreitung der Immissionsrichtwerte um zusätzliche zehn dB(A) nachts verpflichten. Denn kritisch ist vor allem der Nachtzeitraum von 22 bis 6 Uhr. Laut Beyer gibt es etwa in der Hafencity Hamburg Beispiele, wie über bauliche Konstruktionen der Fenster Lösungen für den Lärmschutz gefunden werden.
Vier Rechtsanwaltskanzleien haben die Festsetzungen im B-Plan begleitet. Aus Sicht Beyers ist damit die größtmögliche Sicherheit hergestellt. Er betont zudem: „Ein B-Plan bringt mehr Sicherheit als ein unbeplanter Innenbereich.“ Denn sollte der Rheinblick nicht rechtskräftig werden, seien Bauvorhaben in Teilbereichen schon heute genehmigungsfähig. Folge: „Es könnten sich dort Betriebe ansiedeln, die zu einer Erhöhung der Gewerbelärmimmissionen führen und somit den Spielraum für Erweiterungen bestehender Betriebe im Chemiepark einschränken.“
Mit dem Chemiepark sei man in engem Austausch, so Beyer. Dieser strebe Sicherheit über zusätzliche privatrechtliche Vereinbarungen mit den Investoren an. Auch in diese Gespräche sei man vermittelnd eingebunden, so Beyer.
Nach dem Satzungsbeschluss könnte im Prinzip ein Bauantrag durch die Investoren eingereicht werden. Beyer rechnet allerdings nicht damit, dass die Genehmigungsplanung gleich aus der Schublade gezogen werden kann. Meinung S. 16