Keine Kündigungen bei Thyssen-Krupp

Vorstand rudert nach den Massenprotesten der Stahlarbeiter zurück.

Krefeld. Zufrieden vernahm Gesamtbetriebsratsvorsitzender Bernd Kalwa (Thyssen-Krupp Nirosta), was Mittwochnachmittag in der noblen Villa Hügel über dem Baldeney-See verkündet wurde: Keine betriebsbedingten Kündigungen an deutschen Standorten, Mitbestimmung "auf Augenhöhe" und vor allem die Zusicherung, dass Bau und Betrieb von zwei Produktionsstätten in Brasilien (Qualitätsstahl) und Alabama (USA, Qualitäts- und Edelstahl) nicht zu Lasten deutscher Standorte gehen. Mit den Standorten in Übersee sichert sich der Konzern auch Rohstoffe, an die wegen der amerikanischen Abschottungspolitik sonst nicht heranzukommen wäre.

Die so genannte "Essener Erklärung", an der der letzte Patriarch der Krupp-Dynastie, Stiftungsvorsitzender Berthold Beitz (95), maßgeblich mitgewirkt hat, wurde von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite unterschrieben und gilt die gesamte Dauer des Konzern-Umbaues, der über mehrere Jahre gehen wird. Bernd Kalwa, Sitz in Krefeld, freute sich, dass es "der Belegschaft gelungen ist, sich deutlich mehr Gehör zu verschaffen". Am Montag waren zigtausende von Stahlwerkern wieder einmal auf den Straßen unterwegs und in außerordentlichen Belegschaftsversammlungen vereint. Diese Geschlossenheit habe den Vorstand veranlasst, trotz der immensen Verlusterwartung für das laufenden Geschäftsjahr (die Rede ist vom einem "mittleren dreistelligen Millionenbetrag") zurückzurudern. Für das Krefelder Werk gebe es keine Konsequenzen, erklärte der Betriebsratsvorsitzende gegenüber der WZ. Im TKN-Werk an der Oberschlesienstraße sind derzeit 1500 Mitarbeiter in Kurzarbeit. Die Auftragslage derzeit: 65 Prozent.

2000 Arbeitsplätze werden bei Thyssen-Krupp in den kommenden Jahren dennoch abgebaut - und zwar in der Qualitätsstahl-Produktion in Duisburg. Über 20000 Mitarbeiter sind dort in dieser Sparte tätig. Vereinbart wurde aber, dass dieser Stellenabbau sozialverträglich erfolgt; über "Instrumente" wie Altersteilzeit. Die Betriebsräte sind sich einig, dass die Arbeit jetzt erst losgeht: "Der Konzernumbau wird ein langer, schwieriger Prozess." Immerhin: Es gibt Optimisten, die für das im Herbst beginnende neue Geschäftsjahr bessere Zeiten voraussagen.