Gründerpreis „Ich hatte Zweifel, ob es nicht zu frivol ist“
Krefeld · Die Krefelderin Alina Eynck produziert nachhaltiges Sexspielzeug aus Keramik und bewirbt sich für den Gründerpreis.
Was animiert eine 28-jährige Existenzgründerin dazu, mit ihrem seit März 2022 in Krefeld ansässigen Unternehmen Majursa UG ausgerechnet Sexspielzeug aus Porzellan zu produzieren? „Seit 2014 beschäftige ich mich nun schon mit der Produktion von keramischen Dildos mit hohem ästhetischem Anspruch, weil mich Material und Vielfalt des Themas faszinieren“, sagt Alina Eynck. Dann berichtet sie über ihren wissenschaftlichen Werdegang an der Hochschule Niederrhein und an der Technischen Hochschule Köln, die ihre Aktivitäten förderten und sie auf dem Weg zur Existenzgründung im März 2022 bestärkten. „Anfangs hatte ich selbst noch Zweifel, ob das Thema nicht zu frivol sein könnte“, gesteht sie offen.
Doch ihre Neugier und die Kreativität als Produktdesignerin, gepaart mit unternehmerischem Mut und Selbstbewusstsein, ließen sie hartnäckig und zielgerichtet an einem Konzept mit Alleinstellungscharakter arbeiten, das jetzt schon im zweiten Gründungsjahr voll aufzugehen scheint. Das zeigen nicht nur erste geschäftliche Erfolge, sondern auch die hohe Anerkennung durch gleich zwei internationale Design-Awards (siehe Info-Kasten). Unter dem europaweit geschützten Markenamen Porzelina vertreibt die Gründerin inzwischen ein Set aus vier verschiedenen ergonomisch geformten Sextoys aus Porzellan, das zum „Experimentieren und Erforschen der eigenen Empfindungen einlädt“.
Die im Segment Lifestyle angesiedelten Produkte werden zu Stückpreisen zwischen 50 und 150 Euro verkauft. „Mein Fokus liegt dabei auf Nachhaltigkeit und Gesundheit“, erläutert sie. Nur drei von 18 Sexspielzeugen aus Kunststoff hätten sich nach einer Prüfung der Stiftung Warentest als schadstofffrei erwiesen. Ein Signal und Antrieb für sie, den Werkstoff neu zu denken und „fair gegenüber Mensch und Umwelt“ zu entwickeln. „Mit gutem Gewissen beim Gebrauch, denn das Hartporzellan soll nicht nur gleitfreudig, sondern auch hautfreundlich und hygienisch sein.“ Deshalb lässt Eynck bei zwei kleinen Porzellanmanufakturen in Bayern die Teile in Handarbeit produzieren. Das sei deshalb nötig, weil bei maschineller Fertigung kleinere Abweichungen von der Norm möglich seien. „Porzellan verhält sich beim Fertigen manchmal zickig, der Umgang damit verlangt viel Geschick.“
Jede Kurve und Biegung erfordere große Achtsamkeit. Das weiß die Produktdesignerin aus eigener Erfahrung beim frühen Experimentieren mit Gips und später Porzellan für den Formenbau in Werkstattkursen an der HS Niederrhein, wo sie erste öffentliche Aufmerksamkeit mit dem zweiten Preis für das Design der „Krefelder Weihnachtstasse“ fand. Nach ihrem Bachelor-Abschluss folgte der Master of Science an der TH Köln, um ihre Kenntnisse im Produktdesign zu vervollständigen, aber auch, um sich auf Projektmanagement und Prozessoptimierung zu konzentrieren. Im Blick hatte sie da bereits, die Grundlagenkenntnisse für ein produzierendes Unternehmen zu erlernen, um sich später selbstständig zu machen.
Parallel dazu eignete sie sich Expertenwissen an, unter anderem über Sexologie und Ergonomie sowie Unternehmensstrategie, Marketing und Logistik. Sehr hilfreich sei dazu ein Praktikum bei einem Bremer Sexspielzeugunternehmen gewesen. Beratung fand sie bei Krefeld Business mit Antrag und Coaching zum Gründungsstipendium NRW, das ihr ein Jahr lang monatlich 1000 Euro einbrachte und den KfW-Kredit über 40 000 Euro in Grenzen hielt. Rat bekam sie außerdem beim Netzwerk „Experten coachen Gründer“ zu Themen wie Rechtsform, Markenschutz, Steuerberatung und PR-Themen. Bei den Hochschulen erhielt sie Mentoring-Unterstützung durch ihre Professorinnen.
Den Vertrieb steuert die Gründerin über den eigenen Onlineshop und über mehrere Onlinehändler in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Präsent sind ihre Produkte in Lifestyleläden in Großstädten wie Berlin und Köln. In Krefeld habe sie leider noch keinen Kooperationspartner gefunden. Noch wohnt sie in Köln, wo sie auch ein kleines Lager unterhält. Aktuell sucht sie eine Wohnung in Krefeld, wohin es sie „schon als Ort der Ursprungsidee“ zurückzieht. „Am liebsten an den Stadtrand ins Grüne“, schwärmt sie. Denn Krefeld soll Lebens- und Geschäftsmittelpunkt sein. „Hier fühle ich mich wohler als in der Großstadt.“ Die Jungunternehmerin plant, den Vertrieb europaweit auszudehnen, und arbeitet bereits an der Entwicklung weiterer Produkte in verschiedenen Farben, Größen, Formen und Funktionen. Bisher sei der Umsatz stetig angestiegen und habe punktuell von den Awards profitiert. Stolz ist sie darauf, dass noch kein Produkt reklamiert oder zurückgeschickt wurde. Sie setzt auf organisches Wachstum und sucht noch in diesem Jahr Unterstützung durch zwei Mitarbeiter, gerne auch Praktikanten. Ihr Traum: „Irgendwann eine eigene Manufaktur in der Samt- und Seidenstadt.“