Kunden kritisieren Arge

Nicht nur, wenn Monats- auf Jahresbeginn trifft, häufen sich die Probleme.

Krefeld. Es ist voll an diesem Morgen in der Arge am Fütingsweg. Untrügliches Zeichen: Mehr als zwei Dutzend Fahrräder stehen vor dem weißen Hochhaus mit seinen blauen Fenstern. Wenn der Monats- auf den Jahresanfang trifft, tobt der Bär in den Gängen der Arbeitsgemeinschaft, diesem seltsamen Konstrukt aus Arbeitslosengeld I, Arbeitslosengeld II, Sozialamt und anderen städtischen Ämtern, zum Beispiel für Wohngeld.

Zwar hat der Aufschwung am Arbeitsmarkt zahlreiche "Kunden", wie die Arge die Hilfesuchenden nennt, fortgespült in feste Jobs. Aber eben nicht alle. Private Sorgen haben diejenigen, die weiter herkommen müssen, zu genüge. Und obendrein werden sie getriezt von einen System, in dem es mehr als einen Fehler geben soll. Die WZ hat sich an zwei Tagen für 90 Minuten vor die Türe der Arge gestellt und nach den Erfahrungen mit der Arbeitsgemeinschaft gefragt.

Ein immer wiederkehrender Kritikpunkt: Unterlagen verschwinden spurlos und müssen mehrfach vorgelegt werden. "Meine Schulbescheinigung muss ich zum dritten Mal herbringen, weil sie angeblich nie angekommen ist", sagt Stefanie Bockhardt (21). Ihre Erklärung: Innerhalb von zwei Monaten seien ihr drei Sachbearbeiter zugeordnet worden. "Und keiner weiß, was der andere gemacht und gesagt hat", kritisiert sie. Seit sechs Wochen bestreite sie ihr Leben durch Betteln bei Freunden. Der Vermieter drängt wegen der Miete.

Probleme mit angeblich nicht angekommenen Unterlagen kennt Edith Haarke (53) zuhauf. Mit ihrem gehbehinderten Mann Dieter hat sie die Arge besucht. "Im ganzen System stimmt etwas nicht. Unsere Nebenkosten-Abrechnung wurde heute zum dritten Mal kopiert", versichert die Hülserin.

"Wenn man nicht ständig hinter den Dingen her ist, läuft hier gar nichts", berichtet Marcel Meyer (26). Weil es bei ihm mehrfach Probleme mit der Postzustellung gab, vereinbarte er mit seinem Sachbearbeiter, die Post abzuholen. Das funktionierte einige Zeit, trotzdem bekam er eine Sperre seines Arbeitslosengeldes. "Als ich damit gedroht habe, zum Chef zu gehen, hatte ich in zwei Tagen mein Geld", berichtet er.

Von langen Wartezeiten trotz fest vereinbarter Termine berichten Daniel Kowalski (24) und Alexander Hacks (30). Ihre Beobachtung, unabhängig voneinander: "Einige Sachbearbeiter halten sich übermäßig oft im Pausenraum auf, rauchen dort und trinken Kaffee mit Füßen auf dem Tisch, anstatt die Leute zu bedienen. Wir hätten ja Zeit, weil wir arbeitslos sind." Außerdem seien einige Mitarbeiter schlecht geschult. "Von einem Anspruch auf Einstiegsgeld, wovon mir ein Bekannter erzählt hat, wusste keiner etwas", sagt Daniel Kowalski. Obendrein sei eine Mitarbeiterin ausfallend geworden. Sie bot ihm Jobs in Wuppertal und Köln an. "Als ich fragte, wie ich dahin kommen soll, sagte sie, ich könne ja morgens früher loslaufen."

"Zu Zeiten der Sozialhilfe lief alles besser", meint eine ältere Dame, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Von festen Ansprechpartnern könne sie heute nur träumen. "Jeder sagt etwas anderes, schiebt die Schuld für falsche Informationen auf den anderen." Ihr Tipp: Immer den Namen des Sachbearbeiters notieren.

Startschuss Am 1. Oktober 2005 nahm die Arge in Krefeld die Arbeit auf. Im September 2006 erfolgte der Umzug an den Fütingsweg.

Kunden Gut 28400 hilfebedürftige Personen, davon 20600 erwerbsfähig, fallen in den Zuständigkeitsbereich der Arge.

Erfolge 3247 Personen konnten 2007 in Arbeit vermittelt werden, ein Plus von 40 Prozent gegenüber 2006. Bei Personen unter 25 Jahren liegt die Quote sogar bei 50 Prozent.