SSV: Jagd auf Schnäppchen geht weiter
Per Gesetz gibt es den Sommerschlussverkauf nicht mehr. Doch Einzelhändler setzen weiter auf den Kaufanreiz für Kunden, um ihre Läger zu leeren.
Krefeld. Der SSV ist out, dafür ist jetzt "Sale" angesagt, auch in der Krefelder Innenstadt. So plakativ und aufwändig wie für den früheren Sommerschlussverkauf wird allerdings nicht dafür geworben. "Sale" kommt meist auf leisen Sohlen.
Der anglo-amerikanische Begriff wird teilweise ergänzt durch rote Bänder auf oder in den Schaufenstern, die hohe Prozent-rabatte versprechen: "-70 %" klingt eben wie geschenkt. Vor allem die Kleidungs- und Schuhbranche beteiligt sich in Krefeld an der Aktion, die manche veranstalten, weil der Kunde sie zu dieser Jahreszeit erwartet.
Für die meisten Geschäftsleute ist "Sale" einfach kürzer als der gute alte Sommerschlussverkauf, der als wettbewerbsregulierendes Instrument des Gesetzgebers Mitte 2004 nach 95 Jahren abgeschafft wurde. Warum Englisch?
Wolfgang Stenzel, Geschäftsführer von Sinn-Leffers auf der Hochstraße, scherzt: "Sale versteht jeder - wenn ein rotes Preisschild daneben hängt." Frühe Öffnungszeiten morgens um Acht und Schlangen vor der Tür oder an Wühltischen gehören der Vergangenheit an.
"Das Saisonende ist eigentlich immer vor Beginn der Ferien, jetzt kann man noch ein wenig nachlegen." Für Stenzel wurde der Sommer-Rabatt immer zu früh angesagt, Juli und August seien die eigentlichen Sommermonate: "Sommerschluss heißt doch wohl am Ende des Sommers." Bei teilweise zehn bis zwölf Kollektionen pro Jahr sei immer eine Rabattaktion möglich und sinnvoll.
Auffallend dezent geht der Damenmodeanbieter Greve mit den früheren "Mantelwochen" um: Wo sonst Tableaus die Preise mehrerer Teile angeben, hängen jetzt etwas übergroße Preisschilder mit roten Ziffern an den Blusen, Röcken, Hosen. "Das Wort Sale" kommt mir nicht ins Fenster", ereifert sich Franz-Joseph Greve, lange Jahre Vorsitzender der Krefelder Werbegemeinschaft. "Wir stellen die Ware in den Mittelpunkt, die soll den Blickfang bilden."
Die Sommermode diesen Jahres musste er bereits im Juli 2007 ordern, über diese lange Strecke kann modisch eine Menge passieren, erklärt Greve, der seit über 50 Jahren im Geschäft ist und sich als Mitglied des Handelsausschusses im Deutschen Industrie- und Handelstag auch in Vorträgen zwischen Chemnitz und Koblenz für eine weitgehende Liberalisierung eingesetzt hat.
Bei einer sich ständig erneuernden Mode sind feste Rabatt-Termine als Resteverwertung unsinnig. Die SSV-Gewohnheit nutzt er, aber die Lager versucht er, über einen permanenten Abverkauf zu leeren. "Der City-Handel braucht Betrieb in der Stadt, und sei es mit Rabatt-Aktionen."
Manche kleinere Händler halten sich ganz zurück, Adolphs an der Dionysiuskirche hat nur zwei rote Balken über die Schaufenster geklebt und zeigt auf den Preisschildern den alten und neuen Preis an. "H&M" erklärt den englischen Begriff mit "Reduziert", der Kaufhof bietet "zusätzlich 20 %" - auf bereits reduzierte Ware. Beim Herrenausstatter Dhein soll ein kleines Plakat "%" alles sagen. Sport-Borgmann hat nur in einigen Fenstern den Begriff "Aktionspreise" verwandt.
Das Wort "Sale" ist einfach eingerissen, meint Andreas Bieber von der "Strauß"-Kette, deren neuer Standort in Neumarkt-Nähe sich in anderthalb Jahren gut entwickelt hat. Bei Möbeln muss er allerdings zu häufig ins Lager, weil die Fläche des Ladens klein ist. Strauß steht vor einem Strategiewechsel: "Wir wollen demnächst wieder über den niedrigen Preis angreifen." Und das nicht nur zu SSV-Zeiten.