Werner Tiki Küstenmacher Einfach mal die Perspektive verändern

Krefeld · Werner Tiki Küstenmacher ist Theologe, Karikaturist, Buchautor und Fachmann für Selbstmanagement. Sein Buch „Simplify your Life“ wurde ein echter Bestseller. Nun kommt er zum Finale von WZ Wissen am Montag, 2. Dezember, ins Canon Convention Center im Europark Fichtenhain.

Freut sich auf seinen Auftritt in Krefeld: Werner Tiki Küstenmacher.

Foto: referenten.de

Sie wurden als Highlight zum Finale von WZ Wissen angekündigt. Auf was können sich die Besucher am 2. Dezember freuen?

Werner Tiki Küstenmacher: Vor allem auf die Präsentationsform, weil ich live Karikaturen vor den Augen des Publikums zeichne. Alles geht Powerpoint-frei. Bei mir geht es ja um „Limbi“, das limbische System, unser emotionales Gehirn, und schon die Darstellungsweise ist limbifreundlich.

Wer Limbi zum Freund hat, ist glücklich, sagen Sie. Was verbirgt sich hinter Limbi?

Küstenmacher: Die meisten Leute kennen ihren Limbi schon, nennen ihn aber den „inneren Schweinehund“.

Das tun Sie nicht so gerne?

Küstenmacher: Nein. Das mag ich nicht. Damit beschimpft man einen Teil von sich selbst. Dazu gibt es immer wieder Forschungsergebnisse, dass die innere Einstellung Auswirkungen auf die Realität hat. Seit etwa zehn Jahren merke ich einen Umschwung, dass die Menschen ein sehr negatives Bild von der Welt haben – und das hat die schreckliche Gefahr, dass diese Meinung auch die Realität beeinflusst.

Hat das etwas mit unserem emotionalen Gehirn zu tun?

Küstenmacher: Ja. Unser emotionales Gehirn hat einige Fehleinschätzungen, weil es die negativen Entwicklungen viel stärker wahrnimmt als die positiven. Wenn Sie 1000 Euro verlieren, wiegt der Ärger fünfmal mehr als die Freude, wenn Sie 1000 Euro gewinnen. Evolutionär ist das auch richtig. Unser emotionales Gehirn soll uns vor Gefahren beschützen, daher muss es auf Gefahren viel mehr achten. Da haben wir eine Einseitigkeit, die sich lange bewährt hat, aber in unserer hochkomplexen Gesellschaft zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung führen kann.

Sie sagen, dass sich Limbi für die Begeisterungsfähigkeit nutzen lässt, um Alltägliches mit leichter Hand zu erledigen: aufräumen, Zeit richtig einteilen, mit Geld umgehen, auf die Gesundheit achten und vieles mehr. Wie geht das?

Küstenmacher: Die Grundeinsicht ist, dass man die Tendenz verändern kann. Wenn Sie etwas Unangenehmes tun müssen, machen Sie das meist mit Zwang. Aber Strafe funktioniert nicht. Man muss mit Limbi kooperieren. Man muss seine Ziele so formulieren, dass sich Limbi darauf einlässt. Oft ist es eine kleine Veränderung der Perspektive, dass man eher auf das Ergebnis schaut und nicht so sehr auf die Anstrengung.

Jetzt leben wir in einer Zeit, in der „gefühlte Fakten“ eine wichtige Rolle spielen. Wie passt das zu Limbi?

Küstenmacher: Gott sei Dank sind wir nicht rein limbische Wesen. Das Geheimnis liegt darin, beides zu nutzen. Wir müssen immer auch nach den Fakten fragen. Das Zusammenspiel des Wissens macht den Menschen aus. Wenn etwas Schreckliches passiert, wie der Anschlag in Halle, rate ich immer: Wagt es, so etwas einmal ganz kühl statistisch zu sehen. Es ist schrecklich, aber es ist vergleichsweise klein. Im Vergleich zur Zahl der Verkehrstoten ist Terror eine kleine Gefahr. Mit dem Straßenverkehr haben wir uns alle arrangiert.

Wie sehen Sie unsere aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen?

Küstenmacher: Prinzipiell werde ich immer skeptischer gegenüber pauschalen Urteilen. Wenn es zum Beispiel heißt: Die Gesellschaft wird gewalttätiger. Da frage ich: Wie kann man das statistisch festmachen? Seit wir Menschen auf der Erde sind, geht die Gewalt zurück. Es wird immer unwahrscheinlicher, dass man auf gewaltsame Weise ums Leben kommt. Es gibt immer wieder auch andere Tendenzen, aber ich glaube, dass wir Menschen darauf reagieren. Das geht nicht immer schnell. Das dauert. Vor drei, vier Jahren waren die Gazetten voll, dass die Zahl der Wohnungseinbrüche so angestiegen ist. Nun ist diese Zahl in Deutschland erstmals seit 25 Jahren unter 100 000 gesunken. In den letzten 25 Jahren hat sich die Zahl der Wohnungseinbrüche halbiert. Das ist passiert, weil polizeilich viel getan wurde und die Bürger ihre Wohnungen besser schützen. Wir haben reagiert, und das hatte Auswirkungen. Ich bin überzeugt, wir werden auch die Probleme des Insektensterbens und des Waldes lösen. Wir sind lernfähig. Immer skeptisch bin ich, wenn die Leute geschwärmt haben, dass früher alles besser war.

2001 erschien Ihr Bestseller „Simplify your Life“. Mehr als vier Millionen Exemplaren wurden in gut 40 Ländern verkauft. Verfolgt Sie das heute noch?

Küstenmacher: Ich habe mich damit immer identifiziert. Wahrscheinlich wird noch auf meinem Grabstein stehen: Das war der Simplify-Typ. Ich bin nach wie vor wahnsinnig happy über diese Entdeckung. Es war ein zeitliches Glück, dass ich zur richtigen Zeit an diesem Thema dran war.

Hilft Limbi dabei, das Leben zu vereinfachen?

Küstenmacher: Absolut. Das war eigentlich auch mein Impetus, zu Limbi zu kommen. Weil ich mich gefragt habe: Warum fällt es mir so wahnsinnig schwer, meine Erkenntnisse in die Tat umzusetzen?

Ach, das Problem haben Sie auch?

Küstenmacher: Ja, furchtbar. Hier bei mir liegt auch schon mal etwas herum, oder ich komme zu spät. Aber so ist das Leben. Und darum versuche ich auch ständig an mir zu arbeiten. ­­