Erkrath So feiern Muslime in der Krise Ramadan
Erkrath · Die große Bürgerhaus-Feier mit Familie, Freunden und Nachbarn zum Ramadan-Ende musste erneut ausfallen.
Es ist kurz nach 20 Uhr und die Ablagefläche in der Küche von Azraa und Anas biegen sich unter Schüsseln mit Gemüse, einem Suppenfond, Teig, aus dem später mit Käse oder Hackfleisch gefüllte Taschen entstehen. Der Esstisch des syrischen Ehepaars ist festlich gedeckt mit rot-weiß karierten Platzdecken, roten Servietten, tiefen und flachen Tellern und den „guten Gläsern“.
Beide würden gerne nicht nur einen Gast bewirten, um mit ihm das Fastenbrechen-Fest, das umgangssprachlich, wie Anas sagt, als „Zuckerfest“ das Ende des Ramadans markiert. Aber Corona macht dem nun zum zweiten Mal einen Strich durch die Rechnung.
Gefeiert wird trotzdem, wenn auch nur in kleinem Kreis. „In unserer Heimat Syrien beginnt man schon drei Tage vor dem Fest mit den Vorbereitungen. Als Kind habe ich mich natürlich auf die Süßigkeiten, die wir geschenkt bekommen haben, gefreut habe“, schmunzelt Anas, der junge Mann. In Aleppo hat er Jura studiert und als Anwalt gearbeitet, bis der Bürgerkrieg kam und er und seine Frau Azraa sich zur Flucht entschlossen haben.
„Ich habe mich immer gefreut, wenn wir uns schön gemacht haben und dann in einer riesigen Gruppe von Familie und Freunden gefeiert haben“, ergänzt seine Frau, die zurzeit einen Uni-Vorbereitungskursus besucht, um danach Informatik zu studieren. „Vielleicht auch kombiniert mit Wirtschaft“, erzählt Azraa, während sie noch Gewürze aus dem gut bestückten Schrank über dem Herd in die Linsensuppe gibt, die auf dem Herd köchelt.
Dem Muezzin wird per Videoübertragung gelauscht
Beide haben seit dem Morgengrauen weder getrunken noch gegessen. Um 21.14 Uhr, als die Sonne untergegangen ist, wird das Fasten gebrochen. „Iftar“ heißt diese allabendliche Zeremonie auf Arabisch, bei der zunächst dem Muezzin gelauscht wird, dessen Gebet hierzulande meist per Handy-Übertragung aus Syrien, dem Irak oder Marokko übertragen wird. Danach gibt es zuerst eine Dattel und einen Schluck Milch. Diese Tradition gehe auf Propheten Mohammed zurück, wie Azraa und Anas erklären. Beide sind gläubige Muslime, die gut integriert in Erkrath leben. Während des 30-tägigen Ramadans wird nicht nur auf Essen, Trinken oder Rauchen zwischen Sonnenauf- und -untergang verzichtet. „Wir reinigen und entgiften nicht nur unseren Körper. Durch den Verzicht lenken wir unsere Gedanken auf das, was wichtig ist nach dem Koran. Barmherzigkeit und Güte für unsere Mitmenschen. Das wir uns richtig verhalten“, erklärt Azraa.
Mildtätigkeit gegenüber dem Mitmenschen werde im Koran ausdrücklich gefordert, daher sei das Spendenaufkommen im Ramadan besonders hoch. Beide lesen in der Zeit noch intensiver im Koran und lassen keines der fünf kurzen Gebete Richtung Mekka aus. Doch am Tag des „Festes des Fastenbrachens“ stehe das Vergnügen daran, mit Familie und Freunden gemeinsam zu essen und zu reden, im Vordergrund. In diesem Jahr sind die festlich geschmückten Tafeln mit dem leckeren Essen aber nur mit der „Kernfamilie“ besetzt. Auch die Feier zum Ende des Ramadans, die die muslimische Gemeinde sonst Bürgerhaus Hochdahl veranstaltet hat und zu dem viele nicht muslimische Freunde und Nachbarn willkommen waren, konnte bereits zum zweiten Mal nicht stattfinden.