Erkrather steht wegen Totschlags vor Gericht
Weil er eine Affäre des Nachbarn mit seiner Frau vermutete, soll ein Erkrather in blinder Wut zugestochen haben. Im Prozess sagten nun die Kinder des Opfers aus.
Erkrath/Wuppertal. Gestern wurde vor der Schwurgerichtskammer des Wuppertaler Landgerichts der Prozess gegen den 42-jährigen Erkrather fortgesetzt, der im vergangenen Sommer seinen Nachbarn mit mindestens 33 Messerstichen tödlich verletzt hatte. Im Zeugenstand sagte unter anderem eine Ärztin vom Unfallkrankenhaus in Duisburg aus. Dorthin war das Opfer aufgrund der Schwere der Verletzungen mit dem Rettungshubschrauber geflogen worden.
Mehr als zwölf Stunden lang hatte man dort verzweifelt um das Leben des Verletzten gekämpft. Eingeliefert worden war der Mann mit Stichwunden in Bauch und Lunge. Auch durch eine Notoperation konnte der Zustand nicht stabilisiert werden. Innere und äußere Blutungen führten schließlich zum Organversagen und zum Tod des Schwerstverletzten.
Mit im Gerichtssaal: Die Ehefrau und die Kinder des Opfers. Für sie mag es an Zumutung gegrenzt haben, sich die letzten Stunden des Ehemanns und Vaters nochmals zu vergegenwärtigen. Zuvor hatte schon der Sohn im Zeugenstand über seinen Vater gesprochen. Er tritt im Verfahren als Nebenkläger auf, ebenso wie der Bruder des Opfers.
Beeindruckend gefasst berichtete der 23-Jährige über das Verhältnis seines Vaters zum Angeklagten. Wut, Verzweiflung, Tränen: Man hätte sich vieles vorstellen können bei einem jungen Mann in einer solchen Situation. Nichts davon war zu beobachten — auch kein übermäßig grobes Wort gegenüber dem Mann, dessen Angriff den eigenen Vater das Leben gekostet hatte. Derweilen ließ er das Gericht keineswegs im Unklaren darüber, dass er den Angeklagten zur Rechenschaft gezogen sehen will. Auch seine 18-jährige Schwester musste als Zeugin aussagen.
Sie hatte den Streit in der darunter liegenden Wohnung in der Nacht vor der Tat mitbekommen. Grund der Auseinandersetzung: Eine angebliche Affäre, die die Ehefrau des Angeklagten mit dem späteren Opfer gehabt haben soll. Aber auch der zweite Verhandlungstag lieferte keinerlei Indizien dafür, dass es eine solche Liaison tatsächlich gegeben haben könnte. Im Gegenteil: Angehörige des Opfers beschrieben das Verhältnis der Männer als nicht übermäßig freundschaftlich, aber entspannt.
Der Angeklagte sei sogar Trauzeuge gewesen, als der Sohn des Opfers seine Freundin geheiratet habe. Man habe sich gegrüßt und hin und wieder auch geholfen. Nichts habe in der Vergangenheit darauf hingedeutet, dass es Streit gegeben haben könnte. Über die Zeit vor der Tat gibt es hingegen seit gestern zwei Versionen, die sich grundlegend widersprechen. Der Angeklagte hatte behauptet, sich hinter der Küchengardine einen Pullover über den Kopf gezogen zu haben. Damit habe er dem in die Wohnung schauenden Nachbarn vortäuschen wollen, seine Frau stehe in der Küche. Ohne gesehen zu werden, habe er dann die Wohnungstüre geöffnet, um den vermeintlichen Nebenbuhler hineinzulocken und quasi auf frischer Tat zu ertappen.
Der Sohn des Opfers sagte hingegen gestern aus, er habe gehört, wie der Angeklagte seinen Vater in die Wohnung gerufen habe. In den folgenden Verhandlungstagen soll nun auch noch die Ehefrau des Opfers im Zeugenstand gehört werden.
Im Falle einer Verurteilung wegen Totschlags droht dem Angeklagten eine Freiheitsstrafe von fünf bis 15 Jahren.