Neues Angebot der Stadtbücherei Vorleser machen jetzt Hausbesuche
Erkrath · Ehrenamtliche wollen Bücherfreunde unterhalten, die nicht mehr mobil sind, denen das Lesen schwerfällt oder die sonst niemanden haben, der ihnen vorliest.
Vorlesen zählt wohl zu den wichtigsten Aufgaben, die Eltern erfüllen sollten. Vorzulesen bedeutet, mit Kindern ein Ritual zu pflegen, ihnen die Welt der Bücher und eine Kulturtechnik nahezubringen. Die Stadtbücherei hilft dabei, sie fördert Lesezwerge, Bücherwürmchen und Buchpiraten mit Vorleseangeboten von ehrenamtlichen Paten. Wer den Kinderschuhen lange entwachsen ist, sucht dagegen vergeblich nach solchen Angeboten.
Es gibt Hörbücher, gewiss, aber es hat eben eine andere, besondere Qualität, wenn dem Vorlesenden live gelauscht werden kann. Davon jedenfalls ist Thomas Spiritus fest überzeugt. Der Bücherfreund ist wie seine Ehefrau Marion Lesepate der Bücherei und möchte anderen, vorzugsweise älteren Menschen vorlesen, aus Solidarität mit der eigenen Altersgruppe, wie der 80-Jährige unterstreicht.
Senioren, die ein Herz für Bücher haben und sich dazu Gesellschaft wünschen, könne man damit etwas Gutes tun, sagt Spiritus. Er erwartet nicht, dass man dafür in eine der Büchereien kommt, denn das könnten viele Ältere wegen physischer Handicaps womöglich gar nicht mehr. Daher werden nun Hausbesuche auf Bestellung mit der Mission Vorlesen angeboten – für all jene Menschen, die selbst nicht mehr mobil sind, denen das Lesen Mühe macht oder die sonst niemanden haben, der ihnen aus ihrer Lieblingslektüre vorliest oder vorlesen mag.
Melden können sich sowohl ältere als auch Menschen mit Behinderung, die daheim etwas vorgelesen bekommen möchten – ob ihnen der Sinn nun nach einem packenden Krimi, einem anrührenden Roman, einer humorvollen Kurzgeschichte, einem Sachbuch oder der Tageszeitung steht. Was vorgelesen werde, sei eine individuelle Absprache und richte sich nach den Wünschen des Zuhörers, erläutert Thomas Spiritus. Das individuelle, kostenlose Lese-Angebot kann einmalig oder regelmäßig wochentags für jeweils eine Stunde angefragt werden.
„Durch das Angebot wollen wir Barrieren abbauen und mobilitätseingeschränkten Menschen weiterhin den Zugang zu ihrer Lieblingslektüre ermöglichen. Zudem sollen die Lesepatenschaften dazu beitragen, Einsamkeit, insbesondere im Alter, vorzubeugen“, erklärt Büchereileiterin Anne Heimansberg-Schmidt die Idee hinter der Initiative, die ganz bewusst auch Geselligkeit initiieren möchte. Falls gewünscht oder falls es sich ergibt, stehen Thomas Spiritus und seine Vorlese-Kollegen als Gesprächspartner Verfügung. Über Lektüre ins Gespräch zu kommen sei ein guter Anlass zum Austausch und am Ende für beide Seiten anregend. Und wer wüsste das besser als das belesene Ehepaar Spiritus.
Beide sind ehrenamtliche Lesepaten und lesen nicht nur anderen, sondern regelmäßig auch einander vor, wenn ein Buch sie besonders packt. „Das ist gemütlich und schafft eine schöne Gemeinsamkeit“, sagt Thomas Spiritus. Der Jurist musste schon von Berufs wegen immer viel lesen, was ihm aber nicht schwerfiel, da er schon von Kindesbeinen an ein Vielleser war. Heute liebt er es, sich als Vorleser in Rollen hineinzufinden, einen Text zum Leben zu erwecken und anderen damit eine Freude zu machen. Er selbst erfreut sich gerade an einem Buch über den Maler Caspar David Friedrich („Zauber der Stille“) und an einem Schatz („Mit dem Fahrstuhl in die Römerzeit“), den seine Frau aus dem öffentlichen Bücherschrank im Baviercenter geborgen hat.