Hammerattacke: Angeklagter wusste genau, was er tat
Nach Ansicht eines Experten hat der 54-Jährige bei seinem Angriff auf seine Nachbarin gezielt und strategisch gehandelt.
Wuppertal/Erkrath. Im Prozess um versuchten Mord in einer Bäckerei an der Bahnstraße im Dezember muss der Angeklagte (54) aus medizinischer Sicht als voll schuldfähig gelten. Das hat der psychiatrische Gutachter vor der Schwurgerichtskammer des Wuppertaler Landgerichts am Montag erklärt. Außer psychischen Erkrankungen scheide auch ein Alkoholrausch aus. Der gelernte Maurer und Stahlbetonbauer habe „gezielt und strategisch“ gehandelt.
Verantworten muss sich der 54-Jährige, weil er eine Nachbarin (48) an deren Arbeitsplatz unvermittelt mit einem Hammer angegriffen haben soll. Die Waffe sei mit einer Plastiktüte umwickelt gewesen, hatten Zeugen berichtet. Die Frau ging mit Kopfverletzungen zu Boden und musste im Krankenhaus behandelt werden. Der Angreifer floh, wurde aber wenig später festgenommen. Die Attacke hätte durchaus zu lebensbedrohlichen Verletzungen führen können, hatte ein Arzt vor Gericht erklärt.
Auslöser sei wahrscheinlich ein „Rauswurf“ des Angeklagten aus der ehelichen Wohnung nach einem Streit, sagte der Psychiater. Das sei zwei Tage vor der Tat gewesen. Hinzugekommen sei ein seit zwei Jahren laufender Streit mit den Nachbarn — um Kinderlärm, Grillgerüche und Rempeleien bei zufälligen Begegnungen. Der Gutachter wertete seine Ergebnisse als Zeichen für eine „Anpassungsstörung“. Die Wut des Angeklagten habe sich erst gegen sich, später dann gegen andere gerichtet. Er habe erklärt, dass er in der Fußgängerzone in Erkrath einen Kaffee habe trinken wollen, „um wieder einen klaren Kopf zu bekommen“.
Der an Alkohol gewöhnte Mann sei trotz erheblichen Blutalkohols nicht in einem Rausch gewesen, sagte der Psychiater. Laut Gericht sind Werte bis zu drei Promille während des Angriffs möglich. „Ich habe keine Probleme mit Alkohol“, sagte der Angeklagte. Eine frühere Therapie habe er nur absolviert, um seinerzeit früher aus der Haft entlassen zu werden. Nachfragen stellte das Gericht zu einem angeblich ärztlich verordneten Medikament des 54-Jährigen. Das habe er eingenommen, weil es ihn vom Trinken abhalten sollte, erklärte der Mann. Das wäre eine ungewöhnliche Therapie, merkte der Psychiater an.
Laut Gericht ist der 54-Jährige vielfach vorbestraft wegen Diebstahls, Raubs und Schlägereien unter Alkoholeinfluss. Die Verfahren reichen bis zu der Zeit, in der er seine derzeitige Frau (32) kennengelernt hat: „Seitdem trinke ich nicht, schon wegen der Kinder“, sagte der Angeklagte. Mit dem Gutachten des Psychiaters muss die Beweisaufnahme als im wesentlichen abgeschlossen gelten. Plädoyers und Urteil werden Mitte Juni erwartet.