NRW Bürgerproteste verhallen oft ohne Erfolg
Erkrath · Auch wenn es zum Teil ausgewiesene Fachleute sind, die mit guten Argumenten gegen Pläne von Stadt und Politik angehen, wird Bürgerkritik häufig nur marginal berücksichtigt. Abschreckende Wirkung hat das aber nicht, wie die Beispiele aus Erkrath zeigen.
(hup) Sie recherchieren, vernetzen sich, setzen Schreiben auf und müssen oft stundenlang in Rats- oder Ausschusssitzungen ausharren, bis ihnen das Wort erteilt wird – Bürger, die, weil sie mit den Konsequenzen leben müssen, nicht immer einverstanden sind mit dem, was Verwaltung und Politik auf den Weg bringen wollen, dabei aber selten erfolgreich sind. Mehr Bürgerbeteiligung schreibt sich manch eine Partei auf die Fahne, wenn Wahlen anstehen. Danach wird sie, so der Eindruck, oft als lästig empfunden. Bürger haben ein Recht, Kritik einzubringen und gehört zu werden. Aber die politische Mehrheit folgt ihnen, selbst wenn Bürger Experten in der Sache sind, nur selten, spricht ihnen oft die Sachkenntnis ab – über die manch ein Politiker allerdings selbst nicht verfügt, meinen verärgerte Bürger. Die formalen Hürden für weitere Schritte wie Bürgerbegehren sind indes hoch. Locker lassen die Erkrather aber nicht. Ein Überblick.
Neanderhöhe
Über Monate hatte sich der Kampf gegen eine Erweiterung des Gewerbegebiets Neanderhöhe hingezogen, bis hin zu einem – aus formalen Gründen – gescheiterten Bürgerbegehren. Die Bürger kämpfen weiter. Da sie die Umwidmung von Ackerland in Gewerbefläche nicht verhinden konnten, setzen sie sich nun dafür ein, dass die Gewerbefläche nicht verkauft, sondern in Erbpacht vergeben wird. Dadurch könne Leerstand verhindert werden und es sinke der Druck, immer neue Gewerbegebiete auszuweisen. Der Stadtrat hat das dazugehörige Bürgerbegehren wiedererum für unzuläsig erklärt, aber diesmal reichten die Aktiven Klage ein. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat mittlerweile entschieden: Die Ablehnung des Bürgerbegehrens war unzulässig, die Stadt muss die Bescheide zurücknehmen.
Wimmersberg
Zu dicht, mit überwiegend sechsgeschossigen Bauten zu gewaltig und zu wenig an die Umgebung angepasst, das sind die Kernpunkte der Kritik von Anwohnern an den Plänen des Investors für das Wohnquartier am Wimmersberg in Alt-Erkrath. Trotz mehrerer Bürgeranhörungen (bei denen sich die Stadt, die Moderatorin hätte sein müssen, bedeckt hielt und den Investor machen ließ) hat sich davon kaum etwas in der Planung niedergeschlagen. Die Anwohner sprechen von Alibi-Veranstaltungen und mangelnder Transparenz beim Planungsverfahren. Zwei Bürger, ein Architekt und ein ehemaliger Stadtplaner, hatten kompetente eigene, alternative Entwürfe vorgelegt. Aber am Ende hat die Politik alles genau so beschlossen, wie es der Investor von Anfang geplant hatte, sagen die enttäuschten Bürger.
Düsseldorfer Straße 1
Sie sind nicht prinzipiell dagegen, dass auf dem Grundstück gebaut wird. Aber acht Etagen sind den Anwohnern zu viel. Sie haben daher Einspruch gegen die von der Politik schon abgesegneten Baupläne eingelegt, die vorsehen, schräg gegenüber dem Rosenhof 50 Wohnungen in drei Gebäudeteilen entstehen zu lassen. Zumal das Gebiet an Düssel und Hubbelrather Bach bei Starkregen immer wieder von Hochwasser betroffen ist und die geplante Bebauung, insbesondere die Tiefgarage, dazu beitragen würde, dass das Wasser künftig noch schlechter ablaufen werde. Bauen ist an dieser Stelle allerdings ohne Planverfahren zulässig. Ein von Grünen und BmU beantragter Bebauungsplan, mit dem die Politik Einfluss auf das Maß der Bebauung hätte nehmen können, ist wegen fehlender Rechtsgrundlage abgelehnt worden. Aber die Bürger melden weiterin Widerspruch an.
Gymnasium Neandertal
Ein Widerspruch zum gesetzlich gebotenen, sparsamen Umgang mit Boden, teuer und obendrein wegen einer nahen Hochspannungsleitung für die Gesundheit gefährlich – die in Erkrath lebende Architektin Sukhman Kaur, die auch Anwohnerin des Geländes ist, kann nicht nachvollziehen, warum das Gymnasium am Neandertal auf einem Acker neu gebaut und nicht saniert wird. Eine – parallel zur Ertüchtigung eines alten Gebäudes betriebene – Schadstoffsanierung, wie sie im asbestbelasteten Gymnasium anstünde, sei heute alltäglich, sagt die Fachfrau, die sich fragt, ob in Erkrath nicht eine unzeitgemäße Stadtplanung betrieben werde. Der Klimawandel erfordere ein Umdenken. Ihre Kritik hat zumindest die Grünen bewogen, bei der Verwaltung nachzufragen, wie man mit der Hochspannungsproblematik umgehen wolle. Die Frage sei nicht sehr willkommen gewesen.
Sendemast Millrath
Was Erkrath fehlt, ist ein Mobilfunkkonzept auf der Höhe der Zeit, gegen einen Wildwuchs an Antennen und zum Schutz der Bürger vor Strahlung – genau darauf drängen derzeit Anwohner im Nordosten von Millrath mit einem Bürgerantrag. Sie sind besorgt über das Vorhaben der Telekom, an der S-Bahn-Linie zwischen Höhenweg und Winkelsmühler Weg einen Mobilfunk-Sendemast zu errichten. Um sich Klarheit zu verschaffen, wollen die Bürger nun auf eigene Kosten einen Experten damit beauftragen, den neuen Mast-Standort bezüglich zu erwartender Emissionen zu prüfen – und parallel alternative Standorte zu ermitteln.
Flüchtlingsunterkunft Millrath
Der geplante Neubau einer weiteren Flüchtlingsunterkunft auf dem Bolzplatz an der Gruitener Straße, nahe der Grundschule Millrath, erregt die Gemüter von Schüler-Eltern. Bei zwei Heimen nebeneinander würden zu viele Migranten geballt auf engem Raum leben. Millrath wäre mit zwei Heimen am Bahnhof und einem weiteren am Falkenberger Weg überfordert.
Außerdem fehle den Schülern der Bolzplatz für Unterricht und Freizeit. Der Stadtrat hat die Entscheidung auf den Protest hin vertagt, jetzt sollen Alternativen erarbeitet werden.