Rätsel um die letzte Stunde vor Daniels Tod
Am Dienstag legte ein weiterer Rechtsmediziner sein Gutachten zu den Verletzungen vor.
Erkrath/ Wuppertal. Was geschah in der letzten Stunde vor Daniels Tod? Wer fügte dem zweijährigen Jungen aus Erkrath am Mittag des 12. Mai vergangenen Jahres die zahlreichen Verletzungen zu, an denen er starb?
Nach der Aussage eines weiteren Rechtsmediziners, der am Dienstag vor dem Wuppertaler Landgericht vernommen wurde, wurden sämtliche Verletzungen dem Jungen „wahrscheinlich“ nicht mehr als eine Stunde vor seinem Tod zugefügt.
Für die 40 mal 30 Zentimeter große Verbrühung auf Daniels Rücken, von der beide Angeklagten — Daniels Mutter und ihr damaliger Lebensgefährte — sowie weitere Zeugen sagten, sie sei bereits eine Woche vor dem Tod entstanden, heißt das: Gab es diese Verletzung tatsächlich, so muss der Junge am Todestag erneut verbrüht worden sein.
In dieser fraglichen Stunde, in der es auch zu den zahlreichen inneren Verletzungen, der offenen Wunde am Hinterkopf und den fast abgedrehten Brustwarzen gekommen sein muss, hatten sowohl Daniels Großvater wie auch seine Mutter und ihr Freund Kontakt zu dem Jungen. Laut Aussage des Mediziners sei es „eher unwahrscheinlich“, dass Daniel danach noch etwas gegessen hat, wie es die Mutter berichtet hatte. Vielmehr müssten die Schmerzen so stark gewesen sein, dass der Junge hätte schreien müssen.
Dass sich der Junge selbst verbrüht hat, indem er den Wasserkocher vom Tisch gezogen habe, schloss der Mediziner aus. Wahrscheinlich sei es, dass jemand den Jungen mit heißer oder kochender Flüssigkeit übergossen hat.
Lediglich die Quetschungen an den Genitalien seien älter — „vielleicht ein paar Tage alt“. Der Mediziner sprach dabei von „erheblicher Gewalteinwirkung“, als habe man die Geschlechtsteile abgebunden. Das Kind sei allgemein in einem schlechten Zustand und unterernährt gewesen.
Ganz anders da die Aussage der Kinderärztin am Morgen. Sie beschrieb die Angeklagte (31) als fürsorgliche Mutter, ihre Kinder seien immer in Ordnung und wohlgenährt gewesen. Auch Daniel. Den habe sie zu Beginn des Jahres 2010 noch untersucht. Im März zog der neue Freund und jetzige Angeklagte bei der Familie ein.
Mitarbeiter des Jugendamts, die 2008 in die Familie gerufen worden waren, sprachen am Dienstag vor Gericht zwar von einer Überforderung der Mutter, hätten jedoch keine Anzeichen für Misshandlungen entdeckt. Ihre Sorge galt damals der ältesten Tochter der 31-Jährigen. Diese habe sich in der Schule zurückgezogen und immer traurig gewirkt. Sie habe damals erzählt, von ihren Mitschülern gemobbt worden zu sein und den Sozialpädagogen gestanden, sich aus diesem Grund zu ritzen.
“ Der Prozess wird am 28. Februar fortgesetzt.