Sechs Richtige für den Jazzsommer
Die Dixielanders aus Jena eröffneten das erste Konzert der Musikreihe im Lokschuppen.
Jazzsommerzeit — das Leben ist leicht. So wie die Silvesternacht oft frostig friert, so ist zum Jazzsommer Hitze gepachtet. Ihre Wärmeglocke legt eine melancholische Gelassenheit über den Lokschuppen.
Zum 18. Mal bringt beschwingte Musikwonne die Erkrather Jazzfreunde an den ersten drei Augustsonntagen zum Punkt des entspannten Loslassens.
Alles beim Alten geblieben; könnte man urteilen. Dass es aber keine Selbstverständlichkeit ist, wenn auch der 15. Jazzjahrgang wieder Saft hervorbringt, darauf wies der städtische Kulturchef Ulrich Schwab-Bachmann hin: „Hauptsache für uns ist immer, dass es überhaupt klappt.“
Jedes Jahr im Mai setzen sich Vertreter des veranstaltenden Kulturamtes und des finanziellen Unterstützers Kreissparkasse mit dem Jazzexperten Jakob „Jacky“ Müller zusammen und entscheiden, ob das Frühschoppenfest erneut zu stemmen ist. Aus den Vorjahren gewohnte Qualität entfacht Erwartungen, welche zum Auftakt von den morgens um fünf Uhr per Bandbus losgereisten Dixielanders aus Jena erfüllt wurden.
Live weisen sich die Sechs aus Thüringen durch einen ungleich urig-raueren Charakter aus. Zwar schmiegte sich ihr Zusammenspiel dem mit aufmerksamen Hörern gefüllten Saal gefällig wie maßangefertigte Stiefel an, doch es ließ auch Kanten durchscheinen, die es braucht, um leibhaftig zu wirken. Auge und Ohr blieben im Besonderen am ungewöhnlichen Instrumentenmix hängen.
Jörg Perner an Saxophon und Klarinette sowie Ulf Wilke mit schmucker Akustikgitarre brachten Elemente des kühlen Chicago-Jazz ein, während die durchgehend mit geschlossenen Augen von Martin Marczinke gespielte Tuba die uralten Geister Lousianas beschwor. Mit Martin Luttner sitzt der Bandleader hinter dem Schlagzeug, was ebenfalls eine Kuriosität bedeutet. In Europas größtem Jazzarchiv „Wegweiser Jazz“ hatte er vom Hochdahler Festival gelesen und gleich eine Bewerbung an den künstlerischen Leiter eingeschickt.
Jacky Müller wiederum war der exzellente Ruf der Dixielanders bereits zu Ohren gekommen und nutzte die gebotene Chance zur Verpflichtung der Band.
Deren Repertoire — die Noten tragen sie in Schnellheftern stets bei sich — liest sich wie eine Chronik zur Jazzgeschichte der ersten Hälfte des 20sten Jahrhunderts. Zu Betören wussten die Dixielanders mit in frühen Gezeiten geschliffenen Liedbernsteinen wie dem im Jahr 1921 entstandenen Standard „The Sheik of Araby“. Den Jazzsommer komplettieren im Zusammenspiel mit der Musik deftige Gaumenfreuden von Kochkomponist Ingo Hopmann. Er gilt als begnadeter Grillmeister, dessen zur Verpflegung der Lokjazzer eingesetzter Barbecue-Smokerofen an eine dampfende Minilok erinnert. Seine Tochter Nadja ist für alles Süße verantwortlich und präsentierte Fruchtschnitten unwiderstehlichster Art. Der Jazz stirbt langsam aus, heißt es allenthalben, doch genussgeladen erlebt der Jazzsommer in Hochdahl wieder einen Frühling.