Tempo 30: Verklagt die Stadt jetzt das Land?
Erkrath will die Geschwindigkeit innerorts reduzieren. Der Kreis Mettmann ist dagegen.
Erkrath. Im Planungsausschuss (PlUV) wurde sehr ausgiebig darüber diskutiert, wie man den Lärmaktionsplan der Stadt Erkrath (LAP II) doch noch durchsetzen könnte. Dieser sieht vor, auf klassifizierten innerörtlichen Straßen Tempo 30 vorzuschreiben. Der Kreis Mettmann hat der Stadt dies jedoch als Fachaufsichtsbehörde untersagt. Der Kreis hat nun eine Stellungnahme des Landesverkehrsministeriums eingeholt, das die Position des Kreises bestätigt.
Damit wollen sich Stadt und Ausschuss nicht abfinden. Es wird erwogen, gegen das Land NRW zu klagen. Dazu holte man sich die Rechtsberatung der Anwaltskanzlei w2k aus Stuttgart ein, die die Stadt Erkrath schon länger bei lärmrechtlichen Fragen berät. Rechtsanwalt Bastian Reuße referierte im PlUV über die rechtliche Situation. Das Problem sei, dass die Berechnungen der Lärmbelastung nach der europäischen Richtlinie VBUS durchgeführt worden seien, was von den Aufsichtsbehörden nicht anerkannt werde.
Fabian Schmidt, Beigeordneter
Erforderlich sei eine Neuberechnung nach der deutschen Richtlinie RLS-90, was etwa 7000 Euro kosten würde. Würde man sich gegen eine Neuberechnung nach RLS-90 entscheiden, stellte sich die Frage, ob die Stadt überhaupt zur Klage berechtigt sei. Dies sei der Fall, wenn zum Beispiel durch den Kreis Mettmann das kommunale Selbstverwaltungsrecht berührt sei. Es sei durchaus möglich, dass die Stadt als untere Straßenverkehrsbehörde das Recht habe, eigene Lärmaktionspläne durchzusetzen. Dazu gibt es Stellungnahmen in der juristischen Fachliteratur, jedoch noch keine Gerichtsurteile, die als Präzedenzfälle herangezogen werden könnten.
Reuße berichtete jedoch, dass aktuell die ersten Klageverfahren von Gemeinden in Baden-Württemberg zu diesem Thema im Gange seien. Er empfahl dem PlUV, mit einem Klageverfahren gegen das Land zu warten, bis die entsprechenden Gerichtsurteile aus Baden-Württemberg vorlägen.
Die Politik spaltete sich daraufhin in drei Lager. Uli Schimschock (SPD) beantragte, den Beschluss über Klage oder Aufgabe des Lärmaktionsplans in den Herbst zu vertagen. Die BmU-Fraktion um Bernhard Osterwind und Thomas Spiritus sprach sich gegen eine Klage und für eine Neuberechnung nach RLS-90 aus. Marc Göckeritz von den Grünen wollte nicht einsehen, dass die Stadt sich zur Neuberechnung drängen lassen solle.
Er beharrte darauf, die Position der Stadt „endlich rechtlich durchzufechten“. Der LAP basiere auf EU-Recht, nur der Verkehrsminister wolle sich nicht reinreden lassen. „Wir wollen keine Obergrenzen nach RLS-90, sondern wirksame Gesundheitsvorsorge für die Bevölkerung“ so Göckeritz.
Rolf Steuber (FDP) stand mit seiner Forderung, den LAP ganz aufzugeben auf verlorenem Posten. Beigeordneter Fabian Schmidt sprach allen aus der Seele, als er sagte: „Die Gemeinden sind immer die Gekniffenen. Bund und Land sollen endlich ihre Hausaufgaben machen“. Die Entscheidung wurde dem SPD-Antrag folgend in den kommenden Herbst vertagt.