Überzeugt von der Einigkeit Europas
Erkrath. Ein einiges Europa ist das zentrale Thema seines Lebens. Mit Leidenschaft und einer fesselnden Überzeugungkraft setzt sich Klaus Hänsch noch immer für diese Idee ein. In Essays, Vorträgen und Diskussionsrunden erklärt der 76-Jährige die kontinentale Wertegemeinschaft so, dass die Menschen sie verstehen.
„Wir müssen sie verständlich machen, um sie zu festigen. Denn Europa ist mehr als eine Verlegenheitslösung der Nachkriegszeit, die Einigung ist eine große Chance“, betont der SPD-Politiker.
Er sitzt hinter dem großen Schreibtisch in seinem Büro, das Bücherregal mit gebündeltem Wissen in seinem Rücken. Die Augen hinter den Gläsern der Herbert-Wehner-Brille blicken ebenso wach wie weise. Wohlüberlegt und sachlich, aber mit lebhafter Gestik spricht er über seine Faszination für das Gebilde, das er als langjähriger Abgeordneter und Präsident des Europaparlamentes entscheidend mitgeprägt hat. „Als ich mich 1979 dorthin habe wählen lassen, hatte das Gremium keinerlei Kompetenzen. Doch ich war entschlossen, daran mitzuwirken, dass es an Einfluss gewinnt. Inzwischen ist die Beteiligung an der Gesetzgebung in der Europäischen Union fast vollständig erreicht.“
Noch immer reizt es ihn, seine Meinung gewichtig einzubringen — gerade in der derzeitigen Krise. In solchen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren und die ganze Konzentration auf den Ausweg zu fokussieren, zeichnet ihn aus. „Da habe ich eine gewisse Unerschütterlichkeit, mich von solchen Turbulenzen nicht anstecken zu lassen. Es hat mal jemand über mich geschrieben, ich sei die Ruhe im Auge des Sturms — das hat mir gefallen.“
Klaus Hänsch
Klaus Hänsch glaubt ebenso fest an die Beständigkeit der EU. „Sie hat sich in der Schuldenkrise solidarischer erwiesen, als die größten Euro-Befürworter es sich je hätten vorstellen können. Doch wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass die Gemeinschaft auch Risiken birgt und Opfer erfordert. Das Europa meiner Kindheit hat Blutopfer gefordert, nun sind es nur noch finanzielle Opfer und die sollten uns allemal lieber sein.“
Der einstige Abgeordnete bezieht noch immer eindeutig Position: Er ist für eine Unterstützung Griechenlands, aber gegen eine weitere Ausdehnung des Staatenverbunds. „Wir können ihn nicht aufblasen, wie einen Luftballon.“ Für diese Klarheit bewundert ihn auch der Geschäftsführer der SPD im Kreis Mettmann, Peter Zwilling. Er hätte sich Klaus Hänsch als Minister in der Regierung von Gerhard Schröder gewünscht. „Er ist ein großer Europäer und hätte diesen Gedanken auch auf nationaler Ebene weitertragen können. Doch er war immer mehr Parlamentarier als Parteipolitiker.“
Als Peter Zwilling 1975 Klaus Hänsch erstmals begegnete, hat ihn dessen sachliche Argumentation beeindruckt. „Damals war ich noch bei den Jusos und manchmal ziemlich vorlaut. Doch er ist immer ruhig geblieben. Das hat mich sehr geprägt.“
An den Universitäten von Ottawa, Montreal, Nizza oder Lissabon wirbt Klaus Hänsch noch immer für die Europäische Idee. „Meine Frau behauptet, ich sei immer noch berufstätig, doch das ist maßlos übertrieben“, betont der 76-Jährige. Er genießt es, nicht mehr vom Termindruck getrieben zu sein und mehrmals in der Woche um den Unterbacher See zu laufen: „Das hat für mich auch etwas mit Heimatgefühl zu tun.“