Abiturient Mathis geht für ein Jahr in ein indisches Dorf
Mathis Bullinger zieht es in die Ferne: Die Welthungerhilfe schickt ihn „Weltwärts“. Ein Jahr lang versieht er einen „Lerndienst“ in Indien.
Hilden. Noch sitzt der junge Mann entspannt im elterlichen Wohnzimmer, aber schon bald ist es vorbei mit der Bequemlichkeit. In sechs Wochen beginnt das Indien-Abenteuer des „Bonni“-Absolventen. Mathis Bullinger (18) wird ein Jahr lang unter einfachsten Verhältnissen bei indischen Bauern im Bundesstaat Himachal Pradesh hoch im Norden von Indien — auf 2000 Meter Höhe — leben und mit ihnen arbeiten. Er freut sich darauf.
„Ich habe mir vor anderthalb Jahren überlegt, dass ich andere, nichtwestliche Kulturen kennenlernen will und bin dann auf ’Weltwärts’ gestoßen.“ Unter diesem Titel laufen Projekte der Welthungerhilfe in Indien und Uganda, zu denen die Hilfsorganisation junge Leute im Rahmen eines „Freiwilligen Sozialen Auslandsjahrs“ entsendet. Mathis bewarb sich, wurde eingeladen und erhielt dann schließlich die Zusage.
Vorab soll er erst einmal Spenden sammeln für das Hilfsprojekt, bei dem er eingesetzt wird: „Zuerst sollte ich zu einem Projekt ins indische Lee kommen, deshalb habe ich unter anderem beim Abi-Gottesdienst dafür gesammelt. Jetzt wird es das Dorf Pangna. Für die Spenden ist das egal. Sie fließen alle in die Hilfsprojekte der Welthungerhilfe.“ Was ihn erwartet, weiß er nur in groben Zügen: „Ich werde zu einem Biobauernverbund von 13 Bauern geschickt, der kein Biosigel hat, weil es zu teuer ist, eins zu erwerben. Stattdessen laden die Landwirte ihre Kunden ein, sich die Produktionsbedingungen vor Ort anzuschauen und verkaufen überwiegend ins Umland.“ Es gibt aber auch einen Laden in Delhi, den die Bauern beliefern. „Delhi ist eine Tagesreise von dem Bauerndorf entfernt. Ich soll für sie Werbung machen in sozialen Netzwerken, Lehr- und Dokumentationsfilme drehen, ein Schulungszentrum mit aufbauen und später dort auch beim Unterrichten assistieren, mit den Bauern arbeiten und von ihnen lernen.“ Kurz: Langweilen wird sich der Hildener Abiturient nicht.
Da er bei den Bauern wohnen soll „und in Nordindien kaum einer Englisch spricht“, muss er Hindi lernen. Zunächst in einem einwöchigen Crashkurs vor der Abreise, dann von einem Mentor vor Ort, den er sich selbst suchen soll. Mathis Bullinger erzählt das alles ganz gelassen. Die für ihn größte Herausforderung ist es, „Hindi zu lernen und in Indien nicht mehr als Deutscher wahrgenommen zu werden.“ Der junge Mann, der im normalen Leben Cello und Gitarre spielt, fotografiert und programmiert, hat noch ein anderes großes Hobby, das in seiner Familie weit verbreitet ist: „Reisen und fremde Kulturen kennenlernen“. In Indien wird er dazu ausgiebig Gelegenheit haben. Seine Mutter Monika Bullinger freut sich für ihren Sohn: „Ich finde das toll und von ihm ganz schön mutig. Er hat jetzt Möglichkeiten, die wir nie hatten und ein wenig beneide ich ihn auch darum.“In Zeiten, in denen viele Flüchtlinge nach Deutschland strömen, sei es absolut erstrebenswert, andere Kulturen und Mentalitäten kennen zu lernen, findet sie.