Awo: Keine Freiwilligen in Sicht
Ohne finanzielle Hilfe kann die Arbeiterwohlfahrt ihre Aufgaben nicht mehr stemmen.
Haan. Die Hoffnung auf das Ehrenamt weicht einer riesigen Enttäuschung: „Die Resonanz ist null“, sagt Frieder Angern, Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt (Awo). Nur äußerste Anstrengungen hätten es möglich gemacht, den sozialen Dienst „Essen auf Rädern“ in diesem Jahr zu erhalten — über das Ende des Zivildienstes hinaus.
„Wir haben uns frühzeitig auf die neue Situation eingestellt“, sagt Angern. Zwei weitere 400-Euro-Kräfte würden den letzten Zivi ersetzen, der Ende Juni die Awo verlässt.
Bundesfreiwilligendienst und Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) entwickelten sich nicht als Alternative zum Zivildienst, stellt Angern fest: „Wir hatten nur einen Bewerber.“ Als die Verträge mit ihm vorbereitet waren, habe sich der junge Mann aber nicht mehr gemeldet.
Nach Wochen erreichte die Awo seine Eltern und erfuhr, dass er eine Lehre aufnehmen will. Auch der Zivi, der bislang Essen ausgefahren hat, habe seinen Dienst nicht verlängert, als er einen Ausbildungsplatz hatte.
„Das Freiwillige Soziale Jahr und die Hilfe für Senioren kommen an letzter Stelle — nach Studium, Ausbildung oder Auslandseinsatz“, sagt Angern. Er könne das einem jungen Mann nicht einmal vorwerfen. Es gebe keine Eltern, die ihre Kinder drängen würden, ein soziales Jahr zu leisten, sagt Angern.
Der freiwillige Einsatz käme dann nur für diejenigen infrage, die nichts anderes finden konnten: „Das hat man vorher abschätzen können. Und das werfe ich den politisch Verantwortlichen vor“, sagt Angern.
Wer behaupte, dass das Ehrenamt die Lücke schon füllen werde, und dass die Verbände sich nur bemühen müssten, schiebe die Verantwortung von sich.
Gerade das Essen auf Rädern könne sich nicht auf ehrenamtliche Helfer stützen, sagt Awo-Geschäftsführerin Margit Thomas: „Die müssen das Awo-Herz am rechten Fleck haben. Und wir müssen zuverlässig sein.“
Die Kunden erwarten das Essen zu einer festen Uhrzeit und lassen den Zusteller in ihre Wohnung — Vertrauen gehöre dazu. „Wir haben das mit einem Ehrenamtlichen versucht“, sagt Angern. Eine Woche habe die Schulung gedauert, nach wenigen Tagen Dienst meldete er sich ab — 60 mal ein- und aussteigen an einem Vormittag gehen auf die Knie.
Die einzig praktikable Lösung bieten derzeit die 400-Euro-Kräfte der Awo. Die Kosten werden durch rigoroses Sparen aufgebracht und durch die „Initiative 10 Prozent Plus“: Neue Spender werden gewonnen, die Gruppen im „Treff für Alt und Jung“ um höhere Beiträge gebeten.
Für das laufende Jahr sei das „Essen auf Rädern“ gesichert, sagt Angern: „Für das nächste Jahr ist alles offen.“ Ohne Hilfe von Stadt und Kreis seien die zusätzlich erforderlichen 13 000 Euro nicht zu stemmen. Angern will deshalb an alle Ratsmitglieder schreiben. Sie sollen ihre Verantwortung nicht abgeben.