Gewalt in holder Ritterzeit
Das „Theater der Nacht“ führte ein mittelalterliches Spektakel im Schillerpark auf.
Haan. Damit Männer und Frauen einander verstehen, braucht es schon Magie. Und die gibt es beim „Theater der Nacht“. Es ist die verfluchte Ragnell, eine bucklige Gestalt mit entstelltem Gesicht, die tief im Wald Wahrheitssuchenden hilft. In Lumpen und Pelzumhängen und mit ihrer Gruselstimme braucht sie kaum noch Bühnennebel.
Am Freitag gastierte das Northeimer Figuren- und Maskentheater „Theater der Nacht“ auf der Wiese im Schillerpark. „Die andere Seite der Nacht“ mit vier Darstellern in wechselnden Rollen wurde im Rahmen der Neanderland Biennale präsentiert.
Das Drama ist voller Witz und Dienstbotenweisheiten: „Mit Frauen kann man nicht vernünftig reden“, findet Bruno, gespielt von Heiko Brockhausen. Er ist Diener des machtbesessenen Ritters Gernot vom schwarzen Fels (Christoph Buchfink). „Und mit Männern kann man keine Wäsche aufhängen“, kontert Ruth Brockhausen als Klara, Magd der Prinzessin Annemone (Gudrun Stockmann).
Beim Spiel in Commedia dell‘Arte-Masken kommt die Slapstik-Komik nicht zu kurz: Schon vor dem Ritterturnier erliegt der Comte de Soufflé dem Schwert des finsteren Mogul Khan. Der dichterische Franzose stirbt formvollendet, steht aber für seinen Applaus noch einmal auf. Erst dann sinkt er endgültig darnieder und erntet herzliche Lacher.
Nach seinem Turnier stellt sich Ritter Gernot als Grobian heraus. Die Prinzessin nimmt er sich mit Gewalt: „Du hattest doch auch Spaß“, ist seine Ausrede. Und damit beginnt der sinistre Teil des Stücks: Um sein Leben vor dem Henkersschwert zu retten, muss der Ritter ein Rätsel lösen.
„Die Thematik ist aktuell“, erklären die Zuschauerinnen Gaby Carraro und Ingrid Gutzschebauch. An Kachelmann dächten sie und an Dominique Strauss-Kahn. Die Kostüme und die Musik hätten ihnen gefallen. Angela Schmidtberg aus Haan schwärmt: „Oh, die Masken!“. Als der drei Meter hohe Sensenmann den Ritter im Alptraum heimgesucht hat, habe sie Gänsehaut bekommen.
Das faszinierende Spiel mit geführten Figuren zeigt lüsterne Würmer im umschlingenden Tanz, einen doppelgesichtigen Richter, der mal sanft spricht, mal voller Strenge. Passanten bleiben stehen, legen sich zu den Gästen auf die Wiese. „Wenn jeder aus Haan noch zwei aus Hilden mitgebracht hätte, wäre es voller geworden“, sagt Gabi Carraro.
Biennale-Intendant Uwe Muth hat Gäste von außerhalb ausgemacht: „Es kommen viele in den Kreis.“ Es sei schwer, Theater in Städten zu zeigen, in denen nur wenig Angebot besteht: „Das braucht Zeit.“ Vom Angebote her könnte die Biennale zu einem jährlichen Festival werden, erklärt Muth: „Aber wie kriegen wir das Budget zusammen?“ Das Team überlege bereits, wie in dem jeweils spielfreien Jahr etwas angeboten werden könnte.