7 Fakten über Hilden im 19. Jahrhundert Erst kam Napoleon, dann die Dampfmaschine
Hilden · Napoleons Feldzüge dürften zu den wichtigsten Ereignissen des 19. Jahrhunderts gehören. Was geschah zu dieser Zeit eigentlich in Hilden? Hier kommen 7 Fakten.
Napoleon prägte die erste Phase des 19. Jahrhunderts nicht nur in Frankreich, sondern auch weit östlich des Rheins. Letztendlich verdankt Hilden den Standort des Hauptfriedhofes dem kleinen Franzosen. Kurz darauf kamen die Preußen. Die industrielle Revolution hatte bereits Mitte des 18. Jahrhunderts in Großbritannien und Irland begonnen, mit Verzögerung von gut einem halten Jahrhundert schlug sie auch auf dem Festland voll durch.
Hauptfriedhof
Die Lage des Hauptfriedhofes verdanken die Hildener tatsächlich Napoleon Bonaparte, von 1799 bis 1804 Erster Konsul der Französischen Republik und danach noch ein gutes Jahrzehnt Kaiser der Franzosen. Unter seiner Führung geriet auch Hilden unter französischen Einfluss. Und so wurde auf Anordnung Napoleons entschieden, dass der neue Friedhof 1807 vor den Toren der Stadt errichtet werden musste. Hildener, die nicht dem Adel angehörten, waren bis dahin östlich der Reformationskirche beigesetzt worden. Wegen Seuchengefahr ordnete Napoleon jedenfalls an, dass die Friedhöfe vor die Stadttore gehören. Und mit diesem Wissen bekommen wir eine Ahnung, dass Hilden damals deutlich kleinere Ausmaße hatte, als es heute der Fall ist. Der erste Tote, der auf dem Hauptfriedhof beigesetzt wurde, hieß übrigens Lampenscherf.
Großherzogtum
Von 1806 bis 1813 war Hilden Teil des Großherzogtums Berg, einem Satellitenstaat des französischen Kaiserreichs, der rechtsrheinisch ungefähr von Meppen bis Siegen reichte. Ab 1808 bildete Hilden mit Eller eine Stadtgemeinschaft im Kanton Richrath. Mit diesem Verwaltungsakt wurde eine Stadtgemeinschaft zwischen Hilden und Haan beendet, die mehrere Jahrhunderte währte. Nach dem Ende der Ära Napoleons gingen die meisten Gebiete an Preußen, ohne dass sich zunächst in Hilden etwas Grundlegendes an den Verwaltungsstrukturen änderte. Der Anschluss an das Königreich war aber ein Motor für Hildens Entwicklung. Das 19. Jahrhundert brachte unter anderem die erste Apotheke, eine Post und beleuchtete Straßen. Als Stadt erhielt Hilden in den späten Jahrzehnten des Jahrhunderts das erste Rathaus an der Mittelstraße, ein Amtsgericht, das Sankt-Josefs-Krankenhaus und einen Neubau der Kirche St. Jacobus. Hier eine Anekdote zum Krankenhaus: Das Gebäude an der Schützenstraße war als Brauerei genutzt worden und musste für den medizinischen Betrieb umgebaut werden.
Stadtrechte
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Hilden „nur“ ein Ort. Die Stadtrechte erhielt dieser Ort erst am 18. November 1861, also mehr als vier Jahrzehnte nach dem Tod Napoleons. Europa hatte sich in diesem Zeitraum durch die Industrialisierung radikal verändert und eben auch die Itterstadt. König Wilhelm I. unterzeichnete in Berlin die Urkunde über die Verleihung der rheinischen Städteordnung an die Gemeinde Hilden. Seit Ende der Fünfzigerjahre hatten sich einflussreiche Einwohner für den Erhalt von Stadtrechten eingesetzt, allen voran der Fabrikant Wilhelm Kampf. Unterstützung erfuhr Hilden auch durch den Bankier Karl von der Heydt aus Elberfeld. Er referierte, dass „die Gemeinde Hilden, begünstigt durch ihre Lage und durch ein ungewöhnlich schnelles Aufblühen der Industrie schon seit Jahren in ihrer ganzen Erscheinung das Ansehen einer Stadt gewonnen hat“. Im Jahr 1861 wohnten rund 5000 Menschen in Hilden. Eller war allerdings nicht Teil der neuen Stadt.
Eisenbahn
Ein weiteres wichtiges Datum ist der 19. November 1874. Hilden wurde an die Eisenbahnstrecke zwischen Opladen und Düsseldorf angeschlossen. Am 3. Januar 1874 wurde die Strecke zwischen Hilden und Ohligs sowie zwischen Solingen und Remscheid eröffnet, in der Region befindet sich mit der Müngstener Brücke eines der vielleicht beeindruckendsten Bauwerke für den Eisenbahnverkehr aus dieser Zeit. Es zeugt von dem Pioniergeist dieser Zeit.
Wilhelmine Fliedner
Die Tochter des Pastors Theodor Fliedner gründete 1861 eine Mädchenschule an der Mittelstraße. Zwei Jahre zuvor hatte sie das Examen am Lehrerseminar in Düsseldorf bestanden. Sie arbeitete zunächst als Hauslehrerin, ehe sie die Hildener Töchterschule gründete. 1865 zog die Schule zur Gerresheimer Straße. Bis 1883 blieb Fliedner Leiterin dieser Schule, ehe sie Vorsteherin der Diakonissenanstalt in Kaiserswerth wurde. Die von ihr gegründete Schule wurde später zur Wilhelmine-Fliedner-Realschule und schließlich zum Evangelischen Schulzentrum.
Industrialisierung
Rund 15 Jahre nach Verleihung der Stadtrechte war die Einwohnerzahl von Hilden um weitere fast 2000 Menschen angewachsen. Vor allem durch die Industrialisierung entstanden viele Jobs. Eine Branche, die boomte, war die Textilindustrie. August Reyscher und sein Schwager und Gesellschafter Werner Albrecht Henning Bergmann kauften 1842 und 1845 an der Hummelsterstraße ein Gelände, auf dem sie eine Baumwolldruckerei und eine Färberei errichten ließen. Auch das metallverarbeitende Gewerbe und Lederfabriken etablierten sich. Das Unternehmen Reyscher & Comp. betrieb ab 1846 möglicherweise die erste Hochdruckdampfmaschine in Hilden. Etwas mehr als ein Jahrzehnt später standen in der Firma fünf Dampfkessel und fünf Dampfmaschinen. 200 Menschen waren beschäftigt. Hier die Namen einiger Firmen, die durch die Industrialisierung groß wurden (unvollständige Liste): Seidenwarenfabrik Gressard und Companie, Färberei Schlieper & Laag, W. Bauermann & Söhne, Kirberg & Hüls, Hermann Wiederhold Lackfabriken, Rheinische Stahlwerke und Phoenix-Rheinrohr AG. Wer glaubt, dass der gegenwärtige Wandel der Welt rasanter ist als jemals zuvor, könnte beim Blick auf das 19. Jahrhundert ins Grübeln kommen.
Haus Hildener Künstler
Ursprünglich war das Haus Hildener Künstler ein im 19. Jahrhundert errichtetes Kutscherhaus mit Pferdestall. Es war das Letzte seiner Art, das noch in Hilden steht. In gut einem halben Jahrhundert kam der Plan auf, es abzureißen. Letztendlich reifte der Wunsch es unter dem Namen H6 als einen Ort der Kunst zu etablieren und damit als Zeugnis einer Epoche zu bewahren, die Hilden geprägt hatte, von der aber viele Spuren aus dem Stadtbild verschwunden sind. 1982 konnte das Haus nach Restaurierung für die Kunst nutzbar gemacht werden. Im Künstlerhaus befinden sich mehrere Ateliers. Der ehemalige Pferdestall wurde zum Ausstellungsraum.