Der Mann an der Drehorgel
Regelmäßig steht Otto Spindler mit Orgel und Trompete in der City.
Hilden. Am späten Vormittag nimmt Otto Spindler seinen Platz auf der Mittelstraße ein. Mit seinem blauen Uniformrock, der Pickelhaube, einer Drehorgel samt Stoffaffen und der Trompete wirkt der 77-Jährige gerade auf kleinere Kinder unwiderstehlich: Sie bleiben sofort stehen, wollen auch mal kurbeln und dürfen das sogar: an einer kleinen funktionslosen Kinderkurbel. Oft entlocken sie ihren Eltern etwas Kleingeld, das sie dann stolz ins Schächtelchen legen, das oben auf der Orgel bereitsteht.
Spindler fällt auf unter all den Straßenmusikern: „Ich spiele abwechselnd ein Stück auf der Drehorgel und eins auf der Trompete. Das macht sonst keiner. Außerdem gibt es bei mir keine Wiederholungen an einem Standort.“ — Es sei denn, jemand bittet ihn darum. 300 Titel hat seine elektronische Orgel auf ihrem Speicherchip, „dabei würden 40 reichen.
Da sind die, die jeder kennt und die immer wieder gewünscht werden.“ Spindler beginnt zu kurbeln und es erklingt: „Das gibt’s nur einmal, das kommt nicht wieder...“ und nicht nur die Rentner auf den Bänken am alten Markt in Hilden sind entzückt. Beschwerden über ihn scheinen rar zu sein. Ordnungsamtschef Michael Siebert kann sich an keine Einzige erinnern. „Bei uns gibt es keine Vorgaben, wer in der Fußgängerzone wie lange wo musiziert. Nur Verstärker sind verboten.“ Beschwerden gebe es regelmäßig: „Das sind oft genervte Anwohner, Angestellte oder Ladeninhaber. Wir schicken dann einen Außendienstmitarbeiter hinaus und der bittet die Musiker, sich einen anderen Standort zu suchen.“
Beschwerden über mehrköpfige Combos seien häufiger als über Solokünstler. Der Drehorgelmann ist gelernter Industriekaufmann und — Musiker. Als Trompeter war er Mitglied des Musikcorps der Bundeswehr und hat in den 60er und 70er Jahren mit einer Tanzkapelle ganz Europa bereist: „Damals habe ich mir keine Gedanken über die Rente gemacht. Jetzt bessere ich sie mit der Drehorgel auf.“