Die Zeit im Knast wirkt nach
20 Monate lang saß ein 23-Jähriger aus Hilden im Gefängnis. Im normalen Leben Fuß zu fassen, fällt schwer.
Hilden. Kevin Bergmann (Name von der Redaktion geändert) ist pünktlich. Wenn er eine Aufgabe, ein Ziel, einen Termin hat, dann ist auf den 23-Jährigen Verlass. Mit der Hildener Künstlerin Razeea Lindner hat er an ihrem Beitrag zum Kunstprojekt „Freigang — Kunst im Knast“ im Düsseldorfer Gefängnis Ulmer Höh’ mitgearbeitet. „Das hat mir auf jeden Fall etwas gebracht“, versichert der junge Mann. Und wenn es nur die Notwendigkeit war, morgens aufzustehen.
20 Monate lang saß Bergmann im Gefängnis. Eine Zeit, die immer noch sein Leben bestimmt. Denn Kevin Bergmann hat zwar einen guten Hauptschul-, aber keinen Realschulschulabschluss. Zwei Ausbildungen hat er abgebrochen. Zurzeit lebt er bei seinen Eltern, schläft viel, „verschwendet Zeit“, wie er sagt. 30 Bewerbungen für einen Ausbildungsplatz hat er verschickt. Eine Zusage wäre sein größter Traum.
Dass sein Lebenslauf eine 20 Monate lange Lücke aufweist und sein polizeiliches Führungszeugnis auflistet, dass er wegen Brandstiftung und Bandenkriminalität verurteilt wurde, macht Bewerbungsgespräche schwierig. „Ich habe mit 17 die falschen Leute kennengelernt“, sagt Kevin. „Wir haben mit Diebstählen angefangen, zum Beispiel Lampen von Baustellen gestohlen.“
Dann begann er seine Ausbildung zum Teilezurichter. Der Kontakt zu seinen Freunden brach ab. „Aber irgendwann habe ich sie wiedergetroffen“, sagt er. Als sie ein Feld anzündeten und von der Polizei geschnappt wurden, machte das Gericht sie für weitere Delikte verantwortlich. Kevin wurde zu 20 Monaten Haft verurteilt. Sechs davon verbrachte er in Untersuchungshaft in der Ulmer Höh’.
„Das Urteil war ein Schock“, erinnert sich Kevin. Irgendwie habe er immer gedacht, dass es gut ausgehen würde. Im Gefängnis besuchte Kevin die Schule, wollte den Realschulabschluss nachholen. Durch eine Gefängnis-Verlegung ging das nicht. Auch eine Ausbildung hätte er deshalb nicht beenden können.
Die 20 Monate im Knast nennt Kevin „verlorene Zeit“. Wäre er mit Wochenendarrest oder Sozialstunden bestraft worden, hätte er eine Lehre beenden könne.
Wieder in Freiheit, erhielt Kevin Unterstützung von einer Bewährungshelferin. „Aber die kannte sich nicht so aus“, sagt er. Sie habe beispielsweise nicht gewusst, welche finanzielle Unterstützung er bekommen kann. Dass er nicht wieder auf die schiefe Bahn geraten ist, verdanke er seinen Eltern, die ihn unterstützen. „Andere, die diese Hilfe nicht bekommen, sind nach zwei, drei Monaten wieder im Gefängnis“, sagt Kevin. Den Kontakt zu seinen früheren Freunden hat er abgebrochen.
Nach dem Gefängnis besuchte er die Abendschule und wollte ein Werkstattjahr machen. „Aber das hat nicht funktioniert.“ Nach dem Praktikum in einer Zweiradwerkstatt begann er dort eine Ausbildung. „Im Praktikum war noch alles gut, aber als die Ausbildung begann, änderte sich alles“, sagt er. „Ich habe ein Jahr lang gearbeitet, habe viel gelernt und war immer pünktlich, habe aber nur zwei Tage Urlaub bekommen. Und mein Chef war nicht gewillt, daran etwas zu ändern.“ Kevin brach die Ausbildung ab.
Keine Perspektive zu haben, deprimiert ihn. „Ich wünsche mir und anderen Jugendlichen, die aus dem Gefängnis kommen, Menschen, die sich auskennen und sich individuell um jeden Einzelnen kümmern.“