Flüchtlings-Helfer sind überfordert
Landeskirche stellt zwei Gebäude als Notunterkunft zur Verfügung. Heute sollen dort 72 Asylsuchende eintreffen.
Hilden. Nahezu täglich treffen jetzt Flüchtlinge in Hilden ein. Am Sonntag schickte die Bezirksregierung weitere 120 Asylsuchende in die Notunterkunft in der ehemaligen Albert-Schweitzer-Schule. „17 Männer zogen gleich weiter. Sie wollten nach Finnland“, berichtet Sozialdezernent Reinhard Gatzke. Heute werden 72 Flüchtlinge in Hilden erwartet. Sie sollen in zwei ehemalige Internatsgebäuden im evangelischen Schulzentrum unterkommen.
„Der Krisenstab der Bezirksregierung ist in höchster Not“, weiß Gatzke: „Die kämpfen um jeden Platz.“ Deshalb habe die Rheinische Landeskirche die Häuser zur Verfügung gestellt, erläutert Pressesprecher Jens Peter Iven. Erstmals betreibt die Kirche für das Land eine Notunterkunft.
„Unser Anliegen ist es, den Menschen, von denen viele ihre Heimat aufgrund von Krieg und Terror verlassen mussten, eine sichere Unterkunft zu bieten“, schreibt Oberkirchenrat Klaus Eberl, Leiter der Abteilung Bildung im Düsseldorfer Landeskirchenamt, in einem Informationsbrief an die Schulgemeinde und die Nachbarn: „Das gebietet nicht nur die Menschlichkeit. Die Hilfe für Menschen in Not entspricht auch der biblischen Weisung Gottes, die für uns als Christinnen und Christen maßgeblich ist.“ Die Unterkunft in den Gebäuden E und F soll mit einem Zaun vom Schulgelände abgetrennt werden. Die Betreuung der Flüchtlinge übernehmen Mitarbeiter der NeanderDiakonie, der Diakonie im Kirchenkreis Düsseldorf-Mettmann. Hintergrund: Alle anderen angefragten Hilfsorganisationen hatten wegen akuter Überlastung abgelehnt, bestätigt Iven: „Sie können guten Gewissens nicht mehr leisten.“
Die Helfer sind mit ihrer Kraft am Ende. Die Johanniter betreuen in Hilden für die Stadt mittlerweile 253 Flüchtlinge. „Wir können im Moment nur noch Obdach gewähren — mehr nicht“, sagt Gatzke: „Wir müssen die Zukunft der Stadt neu denken. Wenn ein Teil der Flüchtlinge hier bleibt, brauchen wir Wohnungen.“ Inzwischen wächst die Kritik am Management des Krisenstabs der Bezirksregierungen in Düsseldorf und in Arnsberg, die für die Verteilung der Flüchtlinge in Nordrhein-Westfalen zuständig sind — häufig nur hinter vorgehaltener Hand.
Beispiel: Hilden hatte gerade einmal 24 Stunden Zeit, um die Schweitzer-Schule als Notquartier herzurichten. Landrat Thomas Hendele ist jetzt der Kragen geplatzt. Der Kreis musste zwei Turnhallen des Berufskollegs Mettmann für 300 Flüchtlinge herrichten. Knapp 100 Helfer, insbesondere vom Roten Kreuz und dem Technischen Hilfswerk, schufteten bis zum Umfallen, um die Sporthallen mit Betten zu bestücken, Verpflegung, Kleidung, Dolmetscher und Betreuer bis zur avisierten Ankunft (Sonntag 16 Uhr) zu organisieren.
Sechs Mal wurde der Termin von der Bezirksregierung Arnsberg verschoben. Tatsächlich trafen die Flüchtlinge am Montagmorgen um 0.45 Uhr ein. Der Bezirksregierung die „Amtshilfe“ zu verweigern, komme für den Kreis nicht in Frage, sagte Pressesprecherin Daniela Hitzemann: „Jetzt müssen wir versuchen, die Probleme zu lösen.“ Auch die Ausländerbehörde des Kreises ist völlig überlastet, berichtet Thomas Jarzombek, Chef des Kreisordnungsamtes. Er rechnet mit rund 9000 Asylverfahren in diesem Jahr, fast acht mal so viele wie 2012. Landrat Thomas Hendele will im Haus Personal umschichten, um die Ausländerbehörde zu verstärken. Wann und wie ist noch offen.