Unermüdlich backt Henri Leminski in dem ganz besonderen Ofen, der im historischen Backhaus in Gruiten steht. 2500 Kilogramm wiegt der Holzofen, in den Leminski pausenlos Teig einbringt, die Glut prüft und nachlegt. Dabei strahlt er, lacht und plaudert mit Gästen, die sich bereits nach ersten Buchungen für das Backhaus erkundigen, als wäre es überhaupt kein Aufwand, körbeweise Brot, Laugengebäck und Co. für die riesige Besuchermenge herzustellen, die sich an diesem wunderbar sonnigen Tag in und um das Backhaus eingefunden hat. Das Kleinod, gebaut nach historischem Vorbild, wurde eröffnet, und zu diesem Anlass bildete sich eine riesige Menschentraube aus Familien mit Kindern, jungen Paaren, Senioren, Vereinsmitgliedern, dem Bautrupp und Ehrengästen. Fröhliches Stimmengewirr ist schon lange vor der Uhrzeit zu hören, als es mit der offiziellen Eröffnung los geht. Bei Getränken und dem köstlichen Brot von Henri Leminski, der vor seiner Pensionierung als Bäckermeister die Bäckerei Knelange am Hildener Lindenplatz geführt hat und nun mit seiner Frau Christel die Aktivitäten des Backhauses unterstützt, kommen die Gäste ins Plaudern.
„Wir sind überwältigt von dem Zuspruch, der uns entgegengebracht wird“, sagt Architekt Wolfgang Wahle, dessen Pläne das Häuschen so perfekt in das Dorfbild eingefügt haben, als hätte es schon immer dort gestanden, sichtlich bewegt. „Genau als ein solcher Treffpunkt haben wir uns das Haus vorgestellt und es gebaut.“ Claudia Köster, Vorsitzende des Fördervereins „Haus am Quall“, zu dessen Ensemble das hübsche Backhaus gehört, begrüßt die Gästeschar. Neben Bürgermeisterin Bettina Warnecke sind unter den Gästen Josef Hinkel, Bäckermeister und Erster Bürgermeister der Stadt Düsseldorf, der Henri Leminski herzlich in den Arm nimmt, sowie der Bundestagsabgeordnete Klaus Wiener, der auch Mitglied des Vereins ist und sich begeistert vom Ergebnis der Bauarbeiten und vom Engagement der Aktiven zeigt.
„Der Förderverein ist stolz, ein Schmuckstück vorzuzeigen, angepasst an die dörflichen Strukturen und in Ergänzung zu den Angeboten des Hauses Am Quall“, sagt Köser. Möglich gemacht hätten dieses Wunderwerk alle Anwesenden, durch ideelle, finanzielle oder körperliche Unterstützung beim Bau.
Gruitener Forstwirt
spendete Eichenbäume
Die Idee, mit einem Backhaus einen neuen, heimatschaffenden Treffpunkt zu kreieren, entstand 2018. Gruitens ehrenamtlicher Archivar Lothar Weller war auf Berichte gestoßen, die ein historisches Backhaus nachweisen konnten, an nahezu gleicher Stelle wie der jetzige Ort. Der Bauantrag wurde 2020 genehmigt, bevor die Corona-Pandemie alle Aktivitäten erst einmal auf Eis legte. Überlegungen zur Finanzierung und zur konkreten Umsetzung fanden in 2022 statt, der Förderverein beantragte den Heimatpreis der Stadt Haan. Glücklich berichtet Claudia Köster: „Unser Vorhaben bekam den Zuschlag!“
Zuspruch und Begeisterung seien überall groß gewesen, der Verein habe so das Potenzial des Projektes gespürt. Rasch erhielt der Verein Spendenzusagen in Höhe von 50 000 Euro (die gesamten Baukosten wurden auf 97 300 Euro geschätzt), und so gab es am 21. Oktober 2023 zusammen mit Bürgermeisterin Bettina Warnecke, die zur Eröffnung gemeinsam mit ihrem Ehemann da ist und gut gelaunt den Ausführungen lauscht, den ersten Spatenstich.
Kösters Rede lässt auch die Herausforderungen, die sich dem Verein in den Weg stellten, nicht außen vor. Nach der Ausschachtung der Bodenplatte stand die Baustelle erst einmal still: „Wir waren auf Mauerreste gestoßen, und so ordnete der Landschaftsverband Rheinland einen aus Denkmalgründen einen sechswöchigen Baustopp an.“ Doch dann ging es Schlag auf Schlag: Ein Gruitener Forstwirt spendete Eichenbäume, im Steinbruch Oetelshofen suchte das Bauteam des Vereins circa vier Tonnen passende Kalksteine einzeln und per Hand aus, die die Eigentümer des Steinbruchs später spendeten. Die Gruitener Firma „KA Holzbau“ fertigte die Fachwerkwände, im März 2024 mauerte das Bauteam die Bruchsteine auf, das Fachwerk wurde gesetzt und der Dachstuhl errichtet. „Unsere Allround-Mannschaft deckte das Dach mit den selbst geschnitten Eichendielen und mit Tondachziegeln, mauerte die Gefache mit Lehmsteinen aus im Mai 2024 feierten wir Richtfest“, erzählt die Vorsitzende des Vereins. Wie alles am Haus erfolgte auch der weitere Ausbau mit Haarkalk-Mörtel und Strohlehm nach historischem Vorbild, unter anderem halfen dabei die Waldorfschüler der Schule in Gruiten.
Weitere Widrigkeit: Der schwere Ofen wurde geliefert – doch es war der Falsche. Drei Monate später endlich kam der Richtige an, das kleine Ofenhaus entstand, und im Inneren des Backhauses Fußbodenheizung, Fliesen, Anstrich, Elektroanlage und Beleuchtung, Küchenmöbel, Arbeitsplatte, Außenbereich, Terrasse, Holzlager und Sitzbänke, „alles durch dieses unermüdliche Arbeitsteam“, betont Claudia Köster unter heftigem Applaus der Anwesenden.
Köster lobt: „Dieser immense Aufwand an Zeit, Arbeitskraft und Engagement, ist ganz außerordentlich. Wir müssen den Hut ziehen und herzlich Danke sagen, nämlich euch, Wolfgang, Jürgen und Udo“, sagt Claudia Köster mit Blick auf den Kern des Bautrupps, Jürgen Maihofer, Udo Niemeier und Wolfgang Clevenhaus. Sie dankt weiteren freiwilligen Helfer und Wolfgang Wahle für seine architektonische Meisterleistung sowie weiteren Spendern, als klar wurde, dass es nicht bei den rund 100.000 Euro Baukosten bleiben würde. „Möge sich die Luft hier mit dem Duft von frischem Brot füllen!“