Feierstunde am Samstag Bahnbrücke heißt jetzt Baczewski-Brücke

Haan · Das Bauwerk trägt jetzt den Namen jenes Oberleutnants, der Gruiten am 16. April 1945 kampflos an die Amerikaner übergab und damit vermutlich viele Leben rettete.

 Die Bahnbrücke wird zur Baczewski-Brücke (von links): Bürgermeisterin Bettina Warnecke und Zeitzeuge Udo Koch-Mehrin enthüllen das Schild.

Die Bahnbrücke wird zur Baczewski-Brücke (von links): Bürgermeisterin Bettina Warnecke und Zeitzeuge Udo Koch-Mehrin enthüllen das Schild.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Sein Gedenkstein steht an der Ecke Brückenstraße/Osttangente (K 20n). Doch seit diesem Wochenende trägt auch ein Bauwerk seinen Namen: Die neue Gruitener Bahnbrücke heißt ab sofort „Baczewski-Brücke“. Sie weist damit auch auf ein geschichtsträchtiges Ereignis hin. Baczewski lautete nämlich der Nachname jenes jungen Wehrmachtsoffiziers, der Gruiten zum Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 kampflos an die Amerikaner übergeben und damit vermutlich viele Menschenleben gerettet hatte.

Im Dezember vergangenen Jahres hatte der Rat der Stadt Haan dem drei Monate zuvor eingegangenen Bürgerantrag zur Brücken-Benennung mehrheitlich zugestimmt. Am Samstag fand nun die offizielle Zeremonie statt: Der Posaunenchor spielte, die Stadtspitze war ebenso anwesend, wie die Antragsteller und Mitglieder der Familie Johannes Baczewskis. Sie alle und weitere interessierte Bürger waren gekommen, um zu verfolgen, wie die neuen Namensschilder montiert wurden – eine Brückentaufe der besonderen Art.

Der Wehrmachtsoffizier traf als 24-Jähriger diese Entscheidung

Johannes Baczewskis mutiges Verhalten ist in Gruiten bis heute nicht in Vergessenheit geraten. Inzwischen sind selbst die letzten Kriegs- und die ersten Nachkriegskinder längst im Rentenalter. Zeitzeugen, die sich an jenen Tag tatsächlich noch erinnern können, dürften bereits um die 90 Jahre alt sein.

Die bedeutende Tat ist von Heimatforschern relativ detailgenau beschrieben worden: Am 16. April 1945 endete auch in Haan und Gruiten der Zweite Weltkrieg durch den Einmarsch der Amerikaner. Doch während es in Haan an jenem Tag noch viele Tote gab, verlief die Übergabe von Gruiten an die Amerikaner durch eine mutige Entscheidung des 24-jährigen Bataillonsführers, Oberleutnant Johannes Baczewski, fast völlig unblutig.

In den historischen Texten wird die Szene so beschrieben: „Die Nacht vom 15. auf den 16. April 1945 hatte für die Soldaten und für die Gruitener Bevölkerung schicksalhafte Bedeutung. Der Keller des Hauses Bahnstraße 28, der als Gefechtsstand diente, sah den Bataillonsführer und den Hausherrn Walter Lohoff die ganze Nacht hindurch im Gespräch. Beide waren sich in der Beurteilung der Lage einig: Eine Verteidigung Gruitens konnte den Vormarsch der Amerikaner wohl nur für Stunden oder Tage verzögern, aber nicht verhindern. Im Verteidigungsfall musste vielmehr die von den amerikanischen Truppen angewandte Taktik die Zerstörung des Ortes zur Folge haben.“ Eine bedrückende Aussicht.

Weiter heißt es: „Oberleutnant Baczewski gab im Morgengrauen zu verstehen, dass deutscherseits keine Kampfhandlungen eröffnet würden. Inzwischen war es Tag geworden, und dem Bataillonsführer wurde mitgeteilt, dass die amerikanische Panzerspitze am Südrand Gruitens aufgetaucht sei. Baczewski befahl sofort die Kompanieführer seines Bataillons zu einer Lagebesprechung in den Gefechtsstand-Keller im Hause Lohoff. In Anwesenheit von Walter Lohoff hat der Bataillonsführer den Kompanieführern vorgeschlagen, Gruiten den Amerikanern kampflos zu übergeben. Die anwesenden Offiziere billigten den Vorschlag.“

Ein Feldwebel meldete sich freiwillig, um mit der weißen Parlamentärflagge vor Oberleutnant Baczewski herzugehen. Baczewski, der Bataillonsarzt und der Feldwebel traten, nachdem sie ihre Waffen abgelegt hatten, auf die Bahnstraße hinaus. Im gleichen Augenblick wurde im Rathaus Gruiten die weiße Fahne gezeigt. Mitten auf der Brücke traf man zusammen. Baczewski bot die kampflose Übergabe Gruitens an.

Aus der amerikanischen Kriegsgefangenschaft, in die Baczewski sich 1945 begab, flüchtete er übrigens noch im selben Jahr und studierte bis 1951 Veterinärmedizin.