Haan Naturschützer zupfen Birken in Grube 7
Haan · Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Natur und Umwelt Haan erhalten die Trockenwiesen in einem ehemaligen Kalksteinbruch.
. Obwohl es noch recht früh am Morgen ist, liegt bereits eine drückende Hitze über dem Naturschutzgebiet „Grube 7“. Ein von lila blühendem Oregano bewachsene Fläche wird von summenden Insekten bevölkert. Am Ende dieser abschüssigen Fläche sind zehn Leute damit beschäftigt, jungen Birken und Kiefern mit Hacken und bloßer körperlicher Kraft zu Leibe zu rücken.
Ein Außenstehender könnte auf den Gedanken kommen, dass hier Vandalen am Werk sind, die die Natur zerstören wollen. Doch das genaue Gegenteil ist der Fall. Es sind Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Natur und Umwelt (Agnu) Haan, sowie interessierte Bürger, die sich auf den Aufruf zum „Birken zupfen“ gemeldet haben. Seit vielen Jahren betreut die Agnu bereits das Gelände des ehemaligen Kalksteinbruchs. Ihr Anliegen: die Trockenwiesen zu erhalten. Deshalb ist das Ausreißen der nachwachsenden Birken und Kiefern notwendig. „Wenn wir hier nichts machen würden, hätten wir in Kürze nichts als einen Birkenwald“, erklärt Sven Kübler. „Und danach würde es zu einem Buchenwald werden.“
Naturschützer schieben Baumwuchs einen Riegel vor
Zwar sind Wälder durchaus etwas Positives und die Agnu setzt sich auch für nachhaltige und ökologisch sinnvolle Gestaltung von Wäldern ein. Aber hier muss dem Baumwuchs ein Riegel vorgeschoben werden. „Solche Flächen sind äußerst rar geworden“, sagt Landschaftswächter Hans-Joachim Friebe, der dafür sorgen möchte, dass für die folgenden Generationen diese Artenvielfalt der Trocken- und Magerwiesen erhalten bleibt. „Hier wachsen 320 Pflanzenarten“, sagt er. Darunter der Augentrost, Tausendgüldenkraut und die Rheinische Flockenblume. „Das sind alles Pflanzen, die auf die Trockenwiese angewiesen sind“, weiß Friebe.
Birken würden ihnen die Sonne nehmen und damit nicht nur das notwendige Licht, sondern auch die benötigte Wärme, die durch die direkte Sonneneinstrahlung gewährleistet ist. In der Natur hängt alles mit allem zusammen und so beeinflusst eins das andere. Würden diese Trocken- und Magerwiesen verschwinden, würden bald die vielen Insekten verschwinden, die auf die Blühpflanzen angewiesen sind.
„Vor allem die Hautflügler“, so Friebe, „also alle, die Flügel haben, die so dünn sind wie Haut.“ Dazu gehören auch die Wildbienen. Vier Heuschreckenarten leben hier ebenfalls, in den von der Agnu angelegten Teichen befindet sich die Heimat verschiedener Kröten. Auch der Uhu braucht Freiflächen für die Jagd. Deshalb müssen Naturschützer Bäume ausreißen.
Nach dem Absägen schlagen Birken noch viel stärker aus
Und das ist gar nicht so einfach. „Die Birken kämpfen um ihr Leben“, sagt Sven Kübler scherzend. Die meisten Kiefern lassen sich problemlos herauszupfen, aber die Birken machen es den Naturschützern schwer. „Es ist schon mühselig das Ganze“, sagt Jürgen Jäger, „aber sie mit der Motorsäge abzusägen, hilft nicht.“ Denn die Birken schlagen dann noch viel stärker aus.
Jürgen Jäger ist Hobby-Botaniker. „Mein Hauptinteresse sind heimische Orchideen.“ Da in der Grube 7 etliche davon zu finden sind, hat er sich 2017 der Agnu angeschlossen. Hans Friebe schwingt die Hacke, treibt sie in die Erde und durchtrennt die Wurzel unterhalb der Hauptwurzel. Dann reißt er die Birke heraus. „Die schlägt nicht mehr aus“, ist er sicher. „Wir wissen, was das für eine Arbeit ist, aber es lohnt sich.“ Seit 1997 ist Grube 7 ein Naturschutzgebiet. Eine Bestandsaufnahme 1992 ergab eine Besiedelung mit 340 Pflanzenarten, sieben Amphibienarten, 122 Schmetterlingsarten, 63 Vogelarten, sieben Heuschreckenarten und neun Libellenarten.