Angebot in Haan Kirche lädt nach Missbrauchsprozess zu Gespräch ein

Haan · Missbrauchsprozess: Nach der Verurteilung eines Pfarrers, der mehrere Jahre in Haan gearbeitet, bietet die katholische Kirchengemeinde nun einen Gesprächsabend an. Kommen soll auch Weihbischof Dominikus Schwaderlapp.

Alfons H. war vermummt vor Gericht erschienen.

Foto: dpa/Armin Weigel

Die katholische Kirchengemeinde Haan bietet nach der Verurteilung eines Priesters aus dem Erzbistum Köln einen Gesprächsabend an. Der Mann hatte von 2014 bis 2018 in Haan und Gruiten gearbeitet und wurde wegen sexuellen Übergriffs gegen einen Minderjährigen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

„Viele sind dem damaligen Kaplan begegnet, etwa im Gottesdienst oder in anderen Zusammenhängen, und haben Vertrauen zu ihm aufgebaut. Es ist sehr verständlich, dass diese Situation Menschen in unserer Gemeinde tief trifft und uns traurig, enttäuscht, vielleicht sogar wütend zurücklässt“, schreibt Kaplan Sven Thomsen an die Gemeindemitglieder. „In diese Empfindungen reihen sich konkrete Fragen zu damals getroffenen Entscheidungen zu seinem Einsatz ein. Manche haben uns bereits erreicht, andere – so unser Empfinden – sind noch unausgesprochen.“

Darum sei es der Gemeinde wichtig, ihren Mitgliedern einen Gesprächsabend zu ermöglichen. „Menschen, die sich betroffen fühlen, sollen in einem geschützten Raum die Möglichkeit zum Austausch haben“, so Sven Thomsen weiter. Die Gemeinde freue sich, dass Weihbischof Dominikus Schwaderlapp zu diesem Austausch kommen werde. Ulla Stollenwerk, Leiterin der Stabsstelle Supervision und Beratung im Erzbistum Köln, übernehme die Moderation der Veranstaltung. Der Gesprächsabend findet statt am Donnerstag, 29. Februar, 20 Uhr, im Forum Haan, Breidenhofer Straße 1.

Wegen fünf sexueller Übergriffe auf einen Messdiener (15) während einer Fahrradtour im Sommer 2022 ist ein Kölner Diözesanpriester vom Landgericht Deggendorf/Bayer zu eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Der heute 66 Jahre alte Alfons H. galt in seiner Zeit in Haan als ausgesprochen beliebt und fleißig, hielt Gottesdienste bei Sternsinger-Empfängen ab und war tief ins Gemeindeleben eingebunden. „Harmonisch und einmütig“ sei die Zusammenarbeit mit ihm, hieß es damals vonseiten des Seelsorgeteams.

Bereits vier Jahre vor seinem Amtsantritt in der Gartenstadt hatte einen Beschluss des Kölner Erzbistums gegeben, den Geistlichen „nicht mehr in der Kinder- und Jugendarbeit einzusetzen“. Grund dafür sei „eine Meldung“ aus dem Jahr 2010 gewesen, teilte ein Sprecher mit: Dieser Beschluss sei seitens des Erzbistums „allen Einsatzorten des Pfarrers mitgeteilt“ worden. „Es gibt keine Hinweise, dass sich Pfarrer H. in Haan nicht an die Auflagen gehalten hat.“

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe aus dem Jahr 2022 untersagte das Erzbistum dem Priester am 18. Januar 2023 unter anderem, öffentlich Messen zu feiern. Außerdem habe er ein Aufenthaltsverbot für seinen bisherigen Seelsorgebereich bekommen: „Der Beschluss von 2010 wurde erweitert und ihm wurde ferner verboten, mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt zu treten.“

Der Prozess gegen den Pfarrer ist zwar vorbei, die Staatsanwalt hat allerdings Revision gegen das Urteil eingelegt. Nachdem der Schuldspruch „hinter der Anklageschrift zurückgeblieben“ sei, werde das Urteil nun „insbesondere zur Prüfung auf materiell-rechtliche Fehler durch den Bundesgerichtshof gestellt“, erklärte uns eine Sprecherin. Sobald das staatliche, strafrechtliche Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist, wird das kirchenrechtliche Voruntersuchungsverfahren wiederaufgenommen.

(tobi)