Demonstration gegen Schließung Hilden geht für sein Krankenhaus auf die Straße

Update | Hilden · 10.000 Menschen gingen am Samstag auf die Straße, um für den Erhalt des Hildener Krankenhauses zu demonstrieren. Die Trauer über die angekündigte Schließung war bei vielen Menschen zu spüren, aber auch Wut und Empörung.

Tausende gingen am Samstag auf die Straße, um für den Erhalt des Krankenhaues zu demonstrieren.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Vor dem St. Josef Krankenhaus haben mehrere große Traktoren Aufstellung genommen. Immer mehr Menschen kommen hier zusammen und schnell ist die komplette Straße dicht. Viele haben Transparente mitgebracht. „Rettet unser Krankenhaus!“, „Rettet die Arbeitsplätze!“ oder „Erst beklatscht – und nun?“ ist zu lesen. Obwohl der Aufruf zu einem Demonstrationszug vom Krankenhaus über die Mittelstraße bis zum alten Markt hin sehr kurzfristig kam, sind mehr als 5000 Menschen gekommen, um für den Erhalt ihres Krankenhauses einzutreten. Es sind die Mitarbeitenden des Krankenhauses, aber auch viele Hildener Bürger, die sich zum einen solidarisch zeigen möchten und zum anderen Angst um ihre Gesundheit haben, da bei einer Schließung des St. Josef Krankenhauses die medizinische Versorgung in Hilden nicht mehr gewährleistet ist.

Obwohl alles friedlich und ruhig abläuft, ist die Stimmung sehr emotional, vor allem unter den Mitarbeitenden. Auf der einen Seite ist da die Wut. „Ich fühle mich verarscht“, erklärt eine Mitarbeiterin. „Dafür habe ich die Politik nicht gewählt. Es werden Milliarden in die Rüstung gesteckt, es werden Milliarden in irgendwelche Hilfspakete gesteckt, aber die Leute, die sich für die Gesundheit der Menschen engagieren, sind nicht unterstützenswürdig?“ Die Politiker müssten ja nicht fünf Stunden in der Notfallambulanz warten. „Es geht nur ums Geld.“ Eine Kollegin fügt hinzu: „In der Coronazeit haben wir uns den Arsch aufgerissen.“ Die vier Mitarbeiterinnen haben einen Rollator dabei, auf dem ein Skelett sitzt. Das Skelett trägt ein Schild mit der Aufschrift: „Ich habe es leider nicht ins nächste Krankenhaus geschafft.“ „Es betrifft ja jeden“, betont eine Mitarbeiterin. „Jeder wird einmal krank.“

Auf der anderen Seite ist eine tiefe Traurigkeit zu spüren. „Wir verlieren unser Zuhause“, sagt eine Mitarbeiterin. „In diesem Krankenhaus kennt jeder jeden. Wir sind wie eine Familie.“ Nicht nur das geht der Belegschaft des St. Josef Krankenhauses nah. „Ich denke auch an die Kinder, an die Geburten. Wo sollen die Leute hingehen?“, sagt eine Mitarbeiterin. In der Vergangenheit hätten im Umkreis schon viele Geburtenstationen geschlossen. „Die sind alle zu uns gekommen. Und eine Schwangere, bei der die Wehen eingesetzt haben, hat keine vier Stunden Zeit.“ Eine weitere Mitarbeiterin merkt an: „Es ist schlimm, dass die medizinische Versorgung im Kreis Mettmann nicht mehr gewährleistet ist.“ Die Hoffnung sterbe immer zuletzt, aber es sei schwierig. „Letzten Endes hat die Politik entschieden und wir wurden nicht gefragt und auch die Hildener Bürger wurden nicht gefragt.“

Noch haben die Mitarbeitenden die Hoffnung, dass das Krankenhaus in Hilden bleiben kann. „Es gibt immer Hoffnung. Fehler lassen sich korrigieren. Diese Gelegenheit haben sie jetzt. Aus Fehlern lernt man was. Und das ist ein Fehler.“

Passanten ermutigen die Demonstranten mit Applaus

Zuerst setzen sich die Traktoren in Bewegung. Danach kommen die vielen Demonstranten, die mit ihren Bannern, Schildern und Transparenten friedlich durch die Straßen marschieren. Sprechchöre, wie „Es betrifft uns alle“ erschallen und die Demonstranten werden von den geduldig an den Seiten wartenden Passanten mit Applaus ermutigt. Und der eine oder andere schließt sich sogar spontan der Demonstration an. „Das muss man unterstützen“, erklärt eine Hildenerin. Sie möchte, dass das Krankenhaus bleibt. Die Schließung von gleich drei Krankenhäusern – in Hilden, Haan und Solingen – macht auch ihr Angst. „Das sind doch alles keine kleinen Dörfer“, sagt sie. Die Fassungslosigkeit, wie hier bedenkenlos die Gesundheit der Bürger aufs Spiel gesetzt wird, ist groß. „Was ist, wenn jemand einen Schlaganfall hat oder einen Herzinfarkt?“, fragt ein Hildener. So schnell wäre kein Rettungswagen mehr da.

Wie berechtigt diese Befürchtungen sind, bestätigte auch Bürgermeister Claus Pommer bei der Kundgebung auf dem Markt. „Die Patienten sollen in die umliegenden Krankenhäuser gebracht werden, aber die umliegenden Krankenhäuser haben nicht annähernd die Kapazität.“ Auch die Verfügbarkeit von Rettungswagen sei bisher schon angespannt und würde nach der Schließung prekär werden. Genauso die stationäre Versorgung. Er plädierte an Minister Laumann, dafür zu sorgen, dass die medizinische Versorgung der Bevölkerung gewährleistet sei. Der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung Norbert Famulla, selbst Oberarzt am St. Josef Krankenhaus, betonte: „Wir arbeiten gerne hier und kümmern uns als Team gerne um Sie.“ Die Schließung der drei Krankenhäuser nennt er respektlos gegenüber dem Personal, das in Coronazeiten mit zahlreichen Überstunden und unter enormem Druck für die Kranken da war. „Gesundheit sollte keine Massenabfertigung und kein Luxusgut sein“, erklärte Norbert Famulla. Auch Manfred Krüger, ein Hildener Bürger, betrat das Podium und erzählte von seiner Frau, die nur durch das schnelle Handeln im St. Josef Krankenhaus wieder gesund werden konnte. „Hätten wir nach Düsseldorf gemusst, hätten wir vier Stunden in der Notfallambulanz warten müssen“, sagte er.

Ein Krankenhaus-Mitarbeiter rief ins Mikrofon: „Jeder liebt das Krankenhaus! Wir kämpfen! Wir kämpfen!“