Kirche in Hilden Vom Rheinland nach Amerika und zurück
Hilden · Haiko Behrens tritt seine Stelle als Pfarrer in der evangelischen Gemeinde Hilden an. Von der Itterstadt habe er eigentlich nur das Autobahnkreuz gekannt, gibt der 53-Jährige zu. Das dürfte sich ab Samstag grundlegend ändern.
„Im Grunde bin ich ein echter Rheinländer, aber mit Hamburger Wurzeln“, sagt Haiko Behrens, der neue Pfarrer der evangelischen Gemeinde Hilden. In sein Amt wird der 53-Jährige am Samstag um 15 Uhr offiziell mit einen festlichen Gottesdienst in der Reformationskirche eingeführt. Zu diesem Anlass wird der Gospelchor Joyfull Voices das Lied „Amazing Grace“ anstimmen; im Anschluss an den Gottesdienst wird dann Kürbissuppe serviert. „Ich habe mich sehr gefreut, das es in Hilden einen Gospelchor gibt, das ist für mich eine Reminiszenz an Amerika“, sagt Behrens, der von 2003 bis 2012 als Pfarrer in den USA und anschließend elf Jahre lang in verschiedenen Gemeinden in der Schweiz tätig war. „Latentes Heimweh“ hat ihn nun schließlich zurück ins Rheinland geführt, wo er seine Jugend verbrachte und das Abitur gemacht hat.
Geboren ist Behrens 1969 in Hamburg als Sohn eines Pfarrers und einer Religionslehrerin. Als er 16 Jahre alt ist, zieht die Familie nach Düsseldorf um. „Mein Vater hat dort eine Stelle bei der Kindernothilfe übernommen“, erzählt er. „So kam es, dass wir nach Angermund zogen. Da gingen meine Schwester und ich auf das Theodor-Fliedner-Gymnasium. 1990 habe ich dort mein Abitur gemacht.“ An seinen etwas holperigen Start im Rheinland erinnert er sich noch heute: „Ich war ein typischer nüchterner und schüchterner Norddeutscher und noch dazu in der Pubertät. Was mich erst ein bisschen irritiert hat, war, dass die Rheinländer sehr schnell umarmen, das war ich nicht gewohnt. Aber ich habe mich dann sehr schnell eingefunden.“
Früh steht für Behrens fest, dass er beruflich in die Fußstapfen seiner Eltern treten möchte: „Ich habe zwischen Pfarramt und Lehramt geschwankt, bin dann letztendlich ins Pfarramt gekommen“, erzählt er. Nach dem Abitur studiert Behrens deshalb zunächst Theologie und Pädagogik, erst in Wuppertal, dann für kurze Zeit in Frankfurt, Münster und schließlich in Kiel, wo er im Jahr 2000 sein Theologie-Examen abschließt. „Dann war aber erst einmal Ende der Fahnenstange“, sagt Behrens. Denn zu diesem Zeitpunkt herrschte in Deutschland eine regelrechte Pfarrerschwemme, wie er sagt. „Diese Schwemme hat mich dann in die USA gespült.“ Auf Anraten eines Freundes bewirbt sich Behrens nach dem Examen für ein Vikariat in den Vereinigten Staaten, wo es zu diesem Zeitpunkt viele freie Pfarrstellen gibt. Um sein Englisch aufzubessern, besucht er eine Sprachschule in Hamburg, dort bietet man ihm nach einem Einstufungstest alsbald einen Job als Sprachlehrer an. Behrend, der zuvor als LKW-Fahrer bei der Deutschen Post in Kiel gearbeitet hat, sagt zu. Bald ist er für verschiedene Firmen freiberuflich als Sprachtrainer tätig.
In Hamburg lernte er
seine Frau kennen
Während der Zeit in Hamburg lernt er dann auch seine spätere Frau, eine Japanerin kennen. Da er auf seine Bewerbungen auf ein Vikariat in den USA lange Zeit keine Rückmeldung erhält, nimmt er schließlich eine Stelle als Lehrer für Englisch und Deutsch an der Schule für Wirtschaft und Sprache in Mönchengladbach an. Als dort kein Bedarf mehr herrscht, ist er für kurze Zeit wieder freiberuflich für eine Sprachschule tätig; dann endlich erreicht ihn ein Anruf aus Michigan.
Dort tritt Behrens 2003 eine Vikarstelle bei der St. Peters Lutheran Church in Warren an. „Das war eine zweisprachige Gemeinde mit Siebenbürger Sachsen“, erzählt er. „Ich wurde dort sehr freundlich empfangen. Der Präsident war ein Bayer, der kam ursprünglich aus Passau, hatte ein lustiges bayerisches Englisch und empfing mich mit einem Pappbecher mit Bier.“ Nach dem Examen ist Behrens zunächst als Pfarrer der Gemeinde tätig, 2007 wechselt er dann nach New York. „Die Kirche, in der ich dort tätig war, lag sechs Kilometer östlich von Queens, auf Long Island. Die Gemeinde war insofern interessant, als dass es da sehr viele Nachfahren von Friesen gab, die sprachen Platt, Friesisch und Englisch.“
Nachdem die Finanzkrise über Amerika hereinbricht, ist 2012 Behrens gezwungen, seine Zelte dort abzubrechen: In Amerika gibt es keine Kirchensteuer und seine Gemeinde kann sein Gehalt nicht mehr zahlen. Wieder in Deutschland, arbeitet er ein halbes Jahr lang als Trauerredner und unterrichtet wieder Englisch, dann wird er über Facebook auf eine Pfarrstelle in der Schweiz aufmerksam. „Die habe ich angenommen und war dann also für die Landeskirche Graubünden tätig und für sieben kleine Dörfer mit 150 Einwohnern auf 1250 Metern Höhe zuständig. Von New York City ins Schweizer Bergdorf, das ist schon eine Herausforderung. Es gab mehr Kühe als Menschen.“ Ein Grund, warum es Behrens und seine Frau zurück in die Zivilisation zieht, ist, dass seine Tochter das Kindergartenalter erreicht. Sechs Jahre arbeitet er dann als Pfarrer in der Nähe von Basel bis es ihn zurück ins Rheinland zieht. „Meine Frau und ich haben uns überlegt, wir versuchen drei Bewerbungen in die Umgebung von Düsseldorf. Dann rief mich eine Schulfreundin an und sagte, dass eine passende Stelle in Hilden frei sei. Ich kannte ehrlich gesagt nur das Hildener Kreuz.“
Das wird sich wohl bald ändern, denn zukünftig wird Behrens die Hildener Gemeinde betreuen. Den besonderen Herausforderungen, vor denen die Kirche steht, ist er gewahr: „Wir müssen einen neuen Platz finden in der säkularisierten Wohlstandsgesellschaft, in der die Leute auf einer Sinnsuche sind. Wenn wir es schaffen, den Leuten mit unserer Botschaft einen Sinn zu geben, dann haben wir schon viel erreicht.“