Gewässer-Reinheit in Hilden und Haan Itterwasser durch Chemiereste belastet
Hilden. · In der Itter sind Reste von Hormonen, Antibiotika und Röntgenkontrastmitteln gefunden worden – drei- bis fünfmal mehr als in anderen Gewässern. Ursache: Der hohe Eintrag der drei Klärwerke in Gräfrath, Ohligs und Hilden. Der Bergisch-Rheinische Wasserverband überlegt mit der Bezirksregierung Düsseldorf, möglicherweise eine vierte Reinigungsstufe zu bauen.
Entdeckt wurden die pharmazeutischen Rückstände bei einer aktuellen Untersuchung des Düsseldorfer Umweltamtes. Es fand insgesamt 61 Wirkstoffe in Düsseldorfer Flüssen und Bächen, 32 im Grundwasser. Die Itter schlängelt sich nur etwa 20 Kilometer von ihrem Ursprung bei der Bandesmühle in Solingen-Gräfrath bis zu ihrer Mündung in Düsseldorf-Benrath in den Rhein. Gleichwohl liegen auf diesem relativ kurzen Stück gleich drei Klärwerke in Gräfrath, Ohligs und Hilden. Sie leiten ihr geklärtes Abwasser in die Itter. In Trockenzeiten kann es bis zu 80 Prozent des Itterwassers ausmachen. Das Wasser ist chemisch in Ordnung, aber nicht hygienisch. Das liegt an der fünfprozentigen Restbelastung mit Bakterien und Viren aus den Kläranlagen.
Wie kommen die Medikamentenreste ins Itterwasser? Über die natürliche Ausscheidung von Patienten nach der Einnahme und vor allem durch die falsche Entsorgung von Medikamenten über Abfluss und Toilette, sagen die Fachleute. Die Klärwerke hätten Probleme, diese pharmazeutischen Rückstände wieder herauszuholen.
Ergebnis der Messung liegt dem Wasserverband noch nicht vor
Zuständig für die Itter ist der Bergisch-Rheinische Wasserverband mit Sitz in Haan. „Das konkrete Ergebnis der Belastung des Itterwassers mit pharmazeutischen Rückständen liegt mir noch nicht vor“, sagt BRW-Geschäftsführer Hans-Bernd Schumacher: „Ich halte es aber für nachvollziehbar.“ Entlang der Itter lebten 5000 Einwohner pro Quadratkilometer – so viele wie sonst kaum im Land. Der BRW-Chef betont, dass sich die Belastung mit Medikamentenrückständen im Mikrogramm-Bereich pro Liter bewegt.
Was das bedeutet, hat Holger Stark, Professor für pharmazeutische und medizinische Chemie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, der RP Düsseldorf erläutert: „Bei der Menge von Antieleptika, die im Wasser nachweisbar sind, müsste man 5000 Jahre lang täglich zwei Liter trinken, um eine eine normale Dosierung eines Patienten zu kommen.“ Auch in der Forschung gebe es bislang keine Hinweise, dass ein Medikament in dieser geringen Dosis Einfluss auf die Gesundheit habe.
Anders sieht es dagegen bei der Ökologie der Gewässer aus, die auch durch kleine Mengen von Pharmazeutika beeinflusst werden kann, etwa die Fruchtbarkeit von Fischen. Äsche, Döbel, Quappe, Meer- und Bachforelle, Barbe, Nase, Plötze oder Rotauge sollen künftig wieder vom Rhein in die Itter aufsteigen und dort laichen. Dafür muss der BRW die Itter-Mündung in den Rhein umbauen. Geplant ist eine 202 Meter lange Fischtreppe mit 61 Stufen, die einen Höhenunterschied von neun Metern überwindet. Kosten: geschätzt rund sechs Millionen Euro. Die Planung wird zurzeit von Bezirksregierung Düsseldorf geprüft.
Vor diesem Hintergrund will der Bergisch-Rheinische Wasserverband die Belastung der Itter mit Medikamentenrückständen nicht einfach hinnehmen. „Wir versuchen zu ermitteln, welche der drei Kläranlagen entlang der Itter den höchsten Medikamenteneintrag hat“, erläutert Hans-Bernd Schumacher: „Ich vermute, dass es zwei von dreien sind: Ohligs und Hilden.“ Der BRW überlege gemeinsam mit der Bezirksregierung, dort eine vierte Reinigungsstufe zu installieren. Die könne entweder mit Aktivkohle oder mit Ozon betrieben werden. Das Problem: „Mit beiden Verfahren bekommt man aber nicht die gleichen Stoffe in gleicher Größenordnung raus.“
Die Kosten dafür betragen je nach gewähltem Verfahren zehn bis 25 Cent pro Kubikmeter gereinigtem Abwasser. Finanziert wird das Ganze über die Abwassergebühren der angeschlossenen rund 200 000 Einwohner. „Nur ein Drittel der Gebühr ist für die Abwasserreinigung, zwei Drittel für Bau und Instandhaltung des Kanalnetzes der Kommunen“, betont der BRW-Chef.