Hildenerin zaubert mit ihrer Tastatur
Sabine Theisen-Schwede lehrt bundesweit eine besondere Methode des Zehn-Finger-Schreibens.
Hilden. Ober- und Unterarm sind in einer 90 Grad-Position angewinkelt, die Finger liegen mit dem „Bruce-Lee-Krallengriff“ vom Buchstaben A bis Ö auf der Tastatur. So sieht die Grundhaltung für das richtige Zehnfingerschreiben aus. Sabine Theisen-Schwede (54), Inhaberin der Firma „Die Zehnfinger-Techniker“, beherrscht die Methode, seit sie elf Jahre alt ist. Gelernt hat sie sie, als ihre Mutter sie beim Stenographie-Verein anmeldete, weil sie als Mädchen gerne kleinere Geschichten schrieb. Dass sie das dann selbst einmal lehren würde, konnte sie da nicht ahnen.
Anfangs nutze die gelernte Anwaltsgehilfen noch die Schreibmaschine. Als IHK-geprüfte Sekretärin tippte sie in den frühen 1990er Jahren auf dem Computer. „Ich gehöre zur Goldgräber-Generation, als Computer die Arbeitswelt veränderten“, erzählt sie. Aus dieser Entwicklung heraus fand sie für sich eine neue Berufung, machte sich 1996 deshalb als Trainerin und Unternehmensberaterin für DV- und Büroorganisation selbstständig. Sie berät und schult bundesweit Unternehmer, Mitarbeiter und Privatpersonen in MS-Office-Fragen sowie im IT-Bereich.
Das füllt heute noch das Arbeitsleben der verheirateten Hildenerin aus. 2003 kam das Tastenschreiben als Lehrinhalt dazu, da es immer wieder angefragt wurde. Normalerweise erlernen das Bürokaufleute in der Berufsschule. „Es gibt aber viele Quereinsteiger, die es nicht gelernt haben“, sagt Sandra Berthold, Regionalleiterin der Düsseldorfer Gruppe des Bundesverband Sekretariat und Büromanagement (bSb). Diese behelfen sich zwar meist anders. Berthold empfindet das Zehnfingersystem aber als hilfreich. Immerhin: Bis zu 340 Anschläge pro Minute schafft ein Profi fehlerfrei. Das spart Zeit.
Durch Zufall stieß Theisen-Schwede 2010 auf die multisensorische Lernmethode von Jonas Ritter, war gleich angetan. Sie erhielt die Möglichkeit, sie zu übernehmen, und entwickelte sie gemeinsam mit Ritter zu ihrer jetzigen Marke weiter. „ritter magic typing“ arbeitet nicht mit Drill, sondern mit einer Fantasy-Geschichte. Hier werden zu den 57 Zeichen Assoziationen geknüpft, die anhand der Landkarte „Tastatura“ an einem Tag gelernt werden können. Für das Verinnerlichen müsse man sich aber erst alte Rituale abgewöhnen. „Es hilft schon, wenn man die richtige Sitzposition einnimmt“, rät Theisen-Schwede, die sich in Didaktik fortbilden ließ und die Prozesse, die beim Lernen im Gehirn ablaufen, genau kennt.
„Wir sind schon schräg. Das wissen wir auch“, gibt die Chefin mit einem Lachen zu. Heute übernehmen die Seminare für unterschiedliche Firmen sowie Schulen überwiegend ihre 32 Mitarbeiter bundesweit, die alle selbstständig sind. Im Hauptberuf arbeiten sie unter anderem als Legasthenie- oder Gedächtnistrainer, in der Erwachsenenbildung oder als Kinder- und Jugendcoach. Nur allein von den Seminaren finanziert sich keiner aus dem Team. Angst, dass durch die digitalisierte Welt das Zehnfingerschreiben überflüssig wird, hat die Firmenchefin nicht. „Ein Zehnfinger-Schreiber ist immer noch schneller als die modernste Technik“.
Sandra Berthold kann sich allerdings vorstellen, dass sich etwa Sprachaufzeichnungsprogramme, die Gesprochenes direkt als Text in den Computer umsetzen, etablieren. „Das gibt es schon, aber bisher sehe ich so etwas eigentlich nie in der Praxis“, sagt die ausgebildete Management-Assistentin.