Welchen Hintergrund hat der Movember?
Gesundheitsvorsorge mal anders Darum tragen im „Movember“ viele Männer einen Bart
Hilden · Prostatakrebs, Hodenkrebs und die psychische Gesundheit von Männern – die medizinische Vorsorge dagegen steht beim Movember im Mittelpunkt, erklärt Urologe Christian Winter.
Tobias Dupke stellte die Fragen
In den kommenden Wochen lassen sich viele Männer, die sich sonst täglich rasieren, einen Bart stehen. Was dahinter steckt, erklärt der promovierte Urologe Christian Winter. Er betreibt mit Kollegen eine Gemeinschaftspraxis in Erkrath und Mettmann und eröffnet bald eine Privatpraxis in der „Weißen Villa“ am Ende der Gerresheimer Straße in Hilden.
Christian Winter: Die Movember-Bewegung ist eine jährliche Aktion im November, bei der Männer weltweit ihre Bärte wachsen lassen, um das Bewusstsein für Männergesundheitsthemen zu fördern, insbesondere für Prostatakrebs, Hodenkrebs und die psychische Gesundheit von Männern. Das Wort „Movember“ ist eine Kombination aus „Moustache“, dem Schnurrbart auf Englisch, und „November“. Übrigens genau vor 20 Jahren, also im November 2003, wurde die Movember-Bewegung in Australien ins Leben gerufen und hat sich schnell auf der Welt verbreitet. Denn leider nehmen viele Männer eine vernünftige Vorsorge nicht besonders ernst und vermeiden es, zum Arzt zu gehen.
Welche Bärte sind erlaubt?
Winter: Da gibt es keine strengen Regeln. Männer können während des Movember-Monats Bärte nach ihren Vorlieben wachsen lassen, sei es ein Schnurrbart, ein Vollbart oder ein anderer Stil. Die Teilnahme ist in erster Linie symbolisch.
Machen auch Menschen aus unserer Region mit?
Winter: Ich sehe nur selten Mitstreiter beim Bartwachsen im November, deshalb ist es wichtig über die Movember-Bewegung aufzuklären.
Wie wichtig ist das Anliegen der Initiatoren? Gibt es wieder mehr Fälle von Prostata- oder Hodenkrebs?
Winter: Prostatakrebs tritt häufiger auf als Hodenkrebs. Die Zahl der Neuerkrankungen beider Krebsarten war bis vor wenigen Jahren steigend, ist aber aktuell auf hohem Niveau stabil. Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern weltweit. Die meisten Fälle treten bei Männern über 50 Jahren auf. Hodenkrebs tritt hingegen normalerweise bei jungen Männern zwischen dem 15. und 45. Lebensjahr auf. Regelmäßige Vorsorge kann Krebs im Frühstadium entdecken, sodass eine Heilung des Karzinoms möglich sein kann.
Wie sieht eine Vorsorge aus?
Winter: Eine urologische Vorsorgeuntersuchung kann je nach Alter und individuellem Risiko variieren, sie umfasst meist folgende Punkte. 1. Anamnese: Ihr Urologe wird Ihnen Fragen zu Ihrer persönlichen und familiären Krankengeschichte stellen, um mögliche Risikofaktoren zu ermitteln. 2. Körperliche Untersuchung: Der Arzt wird eine körperliche Untersuchung durchführen. Vor der sogenannten Hafenrundfahrt – Tasten der Prostata vom After – braucht man keine Angst zu haben. Sie ist gar nicht schmerzhaft, aber verständlicherweise mit Schamgefühlen verbunden. 3. Blut- und Urintests: Es sollten Urintests durchgeführt werden. Die Blutuntersuchung auf das Eiweiß PSA (Prostataspezifisches Antigen) ist aus Sicht des Urologen ein wichtiger Bestandteil der Vorsorge. Eine Erhöhung dieses Wertes kann ein Anzeichen von Prostatakrebs sein. 4. Sonografie: Die Ultraschalluntersuchung der Harn- und Genitalorgane ist ebenfalls wichtig. Leider übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen viele Leistungen – unter anderem Ultraschall, PSA-Wert – der Vorsorge nicht, obwohl wissenschaftlich bewiesen ist, dass sie sinnvoll sind und frühzeitig eine mögliche Krebsdiagnose aufdecken können. Die Privatversicherungen übernehmen in der Regel alle empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen. Für gesetzlich versicherte Männer bieten wir zusätzliche notwendige Untersuchungen, die nicht von den Kassen übernommen werden, als Selbstzahler-Leistung an.
Lassen Sie sich eigentlich selbst auch einen Bart stehen?
Winter: Ja, ich habe schon häufiger mitgemacht. Ich leiste zusätzlich meinen persönlichen Movember-Beitrag, indem ich regelmäßig im November Vorträge über das Thema „Urologische Vorsorge“ in verschiedenen Firmen halte. Mein Honorar spende ich dann an die „Movember Foundation“, die fördert Aufklärungskampagnen und klinische Forschungsprojekte zu Prostata- und Hodenkrebs.