Neue OP soll Kreuzband retten
Die Unfallchirurgie des Hildener Krankenhauses bietet jetzt auch ein in der Schweiz entwickelte Verfahren an.
Hilden. Für Innenverteidiger Antonio Rüdiger war die Fußball-EM zu Ende, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Beim Training mit der deutschen Elf in Frankreich riss bei dem 23-Jährigen das vordere Kreuzband im rechten Knie — nach einem Zweikampf mit Thomas Müller. Das passiert Tausenden von Kontakt-Sportlern wie Kickern oder Handballern Jahr für Jahr. „Dreiviertel aller Kreuzbandrisse entstehen beim Sport“, sagt Dr. Hans Bayer-Helms, Chefarzt der Unfallchirurgie im St.-Josefs-Krankenhaus.
Er und sein Kollege Oberarzt Dr. Peter Heck bieten jetzt eine neue Operationsmethode an, die für die Betroffenen viele Vorteile bietet. „Das vordere Kreuzband wird nicht durch ein Transplantat ersetzt, sondern bleibt mit seinen sensiblen Nervenfasern erhalten“, erläutert Heck. Diese OP-Methode wurde in der Schweiz entwickelt. Ein Kreuzbandriss muss nicht unbedingt operiert werden, erläutert Heck: „Das ist nicht lebensbedrohlich. Wenn man allerdings weiter Sport machen möchte, sollte man sich für einen Eingriff entscheiden.“
Und der läuft bislang in der Regel so ab: Das gerissene Kreuzband wird durch ein Transplantat ersetzt, das die Ärzte aus anderen Körpersehnen als Ersatz „zusammenbauen“ und einsetzen. Nachteil: Dieses Implantat ist zwar körpereigen, hat aber keine sensiblen Sensoren wie ein natürliches Kreuzband. Diese Nervenfasern verbinden das Kreuzband mit der angrenzenden Oberschenkelmuskulatur, die das Knie stabilisiert.
Bayer-Helms: „Fehlt diese Sensorik, kommt es häufig zu einem Implantat-Versagen mit Kniegelenk-Arthrose. Darunter leiden viele Profi- und Amateursportler.“ Bei der neuen OP-Methode wird das vordere gerissene Kreuzband genäht und bleibt dadurch erhalten. „Durch eine Kunststoffkordel (Polyethylenfaden), die im Ober- und im Unterschenkel verankert ist, werden das Gelenk und das Kreuzband vorübergehend entlastet und das Kreuzband kann heilen“, erläutert der Chefarzt: „Das ist der eigentliche Clou.“ Der Eingriff dauert nur etwa 45 Minuten und erfolgt unter Teil- oder Vollnarkose. Der Arzt macht an beiden Seiten des Knies nur zwei kleine Schnitte (minimal-invasiv). Mit Hilfe einer Spezialkamera wird dann direkt im Knie operiert. „Etwa sechs Wochen nach dem Eingriff ist kontrolliertes Lauftraining wieder möglich“, verspricht der Oberarzt. „Kontaktsportarten sind ab dem sechsten Monat erlaubt.“ Wichtig: „Je früher die Operation stattfindet, desto höher ist die Chance auf Heilung“, erläutert Hans Bayer-Helms. „Die OP sollte innerhalb der ersten drei Wochen nach dem Riss des vorderen Kreuzbandes erfolgen.“
Privatdozent Dr. Michael T. Hirschmann, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, hat die Vor- und Nachteile der neuen OP-Methode „Selbstheilung des vorderen Kreuzbandes“ in einem wissenschaftlichen Aufsatz untersucht. Die so operierten Patienten seien schneller wieder gesund und könnten schneller wieder arbeiten und Sport treiben, stellt der Teamleiter Kniechirurgie des Kantonsspitals Baselland fest. Nachteile seien: Nicht jeder Kreuzbandriss sei für diese Operationsmethode geeignet. Und aktuell könnten noch keine Aussagen gemacht werden, wie es den so operierten Patienten mittel- und langfristig gehe, weil noch nicht so viele Erfahrungen vorlägen.