Politiker antworten Gymnasiasten
Anlässlich der NRW- Landtagswahl hatte der Q 1-Leistungskurs des Gymnasiums die sechs Kandidaten der Fraktionen zu einer Diskussion gebeten.
Haan. Landtagsabgeordnete sprechen häufig vor Erwachsenen, müssen sich kritischen Fragen hochkarätiger Politikwissenschaftler oder Fachjournalisten stellen. Dennoch warnte Friederike von Wiser, die Leiterin des Haaner Gymnasiums, zum Auftakt des Polittalks: „Schüler fragen anders als Erwachsene und vergessen Sie bitte nicht — hier sprechen Sie vor einer wichtigen Zielgruppe, den Erstwählern.“ Und tatsächlich. Bereits nach Minuten signalisieren die 15- bis 17-jährigen Schüler, dass sie alles andere als positionslos sind.
Nachdem sie den Vorstellungsstatements der Vertreter von Linken, SPD, Grünen, CDU und FDP zugehört und applaudiert haben, erntet AfD-Mitglied Herbert Strotebeck einige Buhrufe, vereinzelte Plakate mit antifaschistischen Parolen werden hochgehalten. Der 55-Jährige reagiert prompt. „Ich will hier nicht als rechtspolitischer Hetzer da stehen, und deshalb ist es mein Ziel, dass Sie ein anderes Bild von der AfD bekommen.“
Fünf große Themenblöcke haben die Schüler erarbeitet, darunter der Bereich der Bildungspolitik: „G8/G9? Lehrermangel, zu große Klassen, marode Schulgebäude — was sagen Sie zu all diesen Aspekten?“, fragt eine Leistungskursschülerin in die Runde. Während Christian Untrieser (CDU) dafür plädiert, jede Schule selbst über G8 oder G9 bestimmen zu lassen, findet Manfred Krick (SPD): „Der Schüler selbst sollte im Rahmen der Jahrgangsstufe 10 entscheiden können, was für ihn persönlich mehr Sinn macht.“ Natürlich dürfen auch gegenseitige Vorwürfe nicht fehlen. „Sieben Milliarden Euro bräuchte das Land, um unsere Schulen zu sanieren, Sie als regierende Partei wollen gerade mal zwei Milliarden über 20 Jahre zur Verfügung stellen, das ist viel zu wenig“, kritisiert Dirk Wedel (FDP) die SPD. Krick schüttelt verständnislos den Kopf: „Ein Drittel unseres Haushaltetats fließt in die Bildung.“
Es geht um Wirtschaft und Finanzen, um Infrastruktur und — um Flüchtlingspolitik. „Da wollte ich Sie doch direkt mal fragen: Wie zufrieden sind Sie mit diesem Thema?“, richtet sich Schüler Lucio Dröttboom an Strotebeck. „Jeder, der wirklich in Not ist, bekommt unsere Hilfe. Integration ist aber nur von beiden Seiten möglich.“ Peter Knitsch von den Grünen setzt an einem anderen Punkt an: „Wir sind fünftgrößter Waffenlieferant, damit liegt die Schuld für die ganze Situation auch mit bei Deutschland.“ Linkenpolitikerin Michaele Gincel-Reinhardt sagt: „Unser Asylgesetz ist eine Schande für Deutschland.“
Beim Thema Sozialpolitik schließlich geraten CDU und AfD ins Straucheln. Ihre klare Nein-Position zur Homoehe und zu der Möglichkeit gleichgeschlechtlicher Paare, Kinder zu adoptieren, macht viele Schüler wütend.
„Ich würde nicht ausschließen, dass sich meine Haltung in einigen Jahren doch mal ändert“, versucht Untrieser einzulenken. Nur Herbert Strotebeck bleibt dabei. Grünenpolitiker Knitsch erntet Applaus: „Ganz ehrlich, alles was von der Norm abweicht, wird von Ihrer Partei abgelehnt, in so einer Gesellschaft möchte ich nicht leben.“