Schulpflicht gilt auch für Flüchtlinge
Haan/Hilden. Einen Augenblick lang war Michaela Neisser, Sachgebietsleiterin Besondere Soziale Dienste, selbst den Tränen nahe. Als sich gestern Morgen Flüchtlingskinder mit ihren Eltern versammelten, um mit Unterstützung des Familienbüros „Stellwerk“ erstmals zur Schule zu gehen, war auch ein elfjähriger Junge darunter.
Doch als er erfuhr, dass für ihn der Start an der weiterführenden Schule erst zwei Tage später ist, weinte er. „Immer wieder sagte er ,Mutarissa’“, zitiert Neisser lautsprachlich das arabische Wort für „Schule“.
Für Kinder von Asylbewerbern und Flüchtlingen herrscht in NRW Schulpflicht, sobald sie einer Gemeinde zugewiesen wurden. 103 leben in Hilden, die meisten sind noch im Vorschulalter. Für die Kinder der Flüchtlinge, die in der ehemaligen Albert-Schweitzer-Schule untergekommen sind — sechs an der Zahl — gilt lediglich Schulrecht, da sie noch keiner Kommune zugewiesen wurden. Doch auch sie will die Stadt Hilden über die Schule eingliedern, berichtet Ulrich Brakemeier, Leiter des Schulverwaltungsamtes. Dazu Neisser: „Je schneller die Tage Strukturen erhalten, desto besser kommen die Kinder mit dem Erlebten zurecht.“
Alle wurden ärztlich untersucht und geimpft. Zurzeit besuchen 23 Mädchen und Jungen Hildener Grundschulen und werden dort in den Regelunterricht integriert. Die meisten gehen in die Walter-Wiederhold-Schule, da sie in der Nähe von Flüchtlingsunterkünften liegt. Hinzu kommen 18 Jugendliche auf weiterführenden Schulen und sechs am Berufskolleg.
Die Flüchtlingskinder gelten als „Nullsprachler“, weil sie keine Sprachkenntnisse haben. Dafür gibt es laut Daniela Grassberger, Sprecherin des Schulamtes im Kreis, nicht mehr Geld zur Anstellung weiterer Sozialarbeiter oder pädagogischer Kräfte. Immerhin: An der Walter-Wiederhold-Schule wurde eine weitere halbe Lehrerstelle zur Erstförderung bewilligt. Die pädagogische Kraft lernt mit den Kindern jenseits des regulären Unterrichts Deutsch.
Für Schulleitung wie Schulverwaltung gelingt die Integration zurzeit noch problemlos. Gudrun Kamps, Leiterin des Grundschulverbunds Schulstraße, zu dem auch die Walter-Wiederhold-Schule gehört: „Die Kinder freuen sich jeden Tag, dass sie hier sind.“
Diese Investition sei auch angesichts der ungewissen Perspektiven nicht vergebens, betont Neisser: „Das, was die Kinder auf der Schule hier lernen, kann ihnen kein Mensch mehr nehmen.“