Sehbehinderung: Probleme im täglichen Leben
WZ spricht mit Wolfram Marold vom Blinden- und Sehbehindertenverein über die Probleme im täglichen Leben.
Hilden. Eine alte Dame steht am Straßenrand, eine gelbe Binde am Arm signalisiert: Sie ist sehbehindert. Prompt kommt jemand und hilft ihr über die Straße. „Ich wollte doch gar nicht auf die andere Straßenseite“, sagt die Dame . . . Wer kennt diesen Sketch nicht? Wolfram Marold vom Blinden- und Sehbehindertenverein muss über diese Geschichte zwar schmunzeln — doch der 66-Jährige hat Situationen wie diese schon selbst erlebt.
Er und Barbara Clouet, Prokuristin des Wohn- und Pflegezentrums „Stadt Hilden“, wissen, dass Menschen mit ihrer Hilfsbereitschaft Blinden gegenüber oft viel falsch machen.
Wie ist das Wohn- und Pflegezentrum „Stadt Hilden“ aufgestellt in Sachen Barrierefreiheit für Sehbehinderte?
Wolfram Marold: Ich war angenehm überrascht, als ich hereinkam. Die Flure haben verschiedene Farben, es gibt viele farbliche Orientierungsmerkmale.
Barbara Clouet: Außerdem gibt es mit 500 Lux in Augenhöhe die nötige Ausleuchtung. Dieses Haus ist barrierefrei.
Marold: Eine Überprüfung aller Seniorenheime in Hilden ist leider daran gescheitert, dass kein Augenarzt mitmachen wollte.
Am 6. Juni wird hier der „Tag des Sehens“ begangen.
Clouet: Wir wollen auf die Schwierigkeiten der Betroffenen hinweisen. Für viele ist es schwer, in die Stadt zu gehen. Deshalb zeigen wir, was es für Hilfsmittel gibt. Manche unserer Bewohner haben schon welche, zum Beispiel Lupen und Uhren mit Zeitansage.
Wie viele Ihrer Bewohner sind denn betroffen?
Clouet: Im weitesten Sinne alle 93. Wir haben Blinde, fast Blinde und altersbedingte Schwierigkeiten. Aber auch wir und die Angehörigen sind angesprochen: Wie können wir den Betroffenen das Leben erleichtern?
Wie denn?
Marold: Grundsätzlich möchte ich gerne gefragt werden, ob ich Hilfe brauche. Und dann sollte mir nur so weit geholfen werden, wie ich darum bitte.
Wie kann man denn helfen?
Marold: Die Begleitung von Sehbehinderten wird oft falsch gemacht. Nicht der Begleiter fasst den Betroffenen am Arm, sondern anders herum. Der Begleiter geht vor, der Betroffene hat die Hand an seinem Arm und folgt. So kann der Begleiter in einer Schrecksituation den Sehbehinderten mit seinem Arm schützen.
Was ist mit Hilfsmitteln?
Clouet: Es gibt zum Beispiel Lupen — viele kommen damit aber nicht zurecht, weil man immer nur kleine Ausschnitte sieht.
Marold: Ich habe deswegen das Bücherlesen aufgegeben. Manchmal scanne ich etwas ein und vergrößere es am Computer. Optimal wäre ein Lese- oder Vorlesegerät, aber die kosten mehrere Tausend Euro.
Und Ihr Hund?
Marold: 2001 wurde bei mir Grüner Star festgestellt, mit meinem linkes Auge sehe ich gar nichts mehr, mit dem rechten noch 15 Prozent. Seit einem Jahr habe ich einen Blindenhund, der gibt mir Sicherheit. Ich gehe wieder mehr raus. Andere orientieren sich verstärkt mit dem Gehör oder dem Geruchssinn. Sie riechen zum Beispiel eine Bäckerei.