Soziales: Lehrstunden in Körpersprache
Das Demenznetz schult Angehörige, Ehrenamtliche und Dienstleister. Teilnehmer knüpfen Kontakte und fassen Vertrauen.
Haan. Scheinbar ist es eine einfache Sache: „Es geht darum, so normal wie möglich miteinander umzugehen“, sagt Elke Groß, Geschäftsführerin der Senioren-Wohnanlage „Haus am Park“. Aber bei Demenz ist nichts normal. Am Montag erhielten ein Dutzend Haaner die Urkunden zum Abschluss ihres Kurses „Qualifizierung zur Begleitung von Menschen mit Demenz“.
Physiotherapeutin Ruth hatte sich angemeldet, weil sie bei ihrer Arbeit Patienten mit Demenz behandelt: „Manchmal gucken die einen nur groß an. Ich habe mich oft hilflos gefühlt“, sagt die 56-Jährige. Sie sei gewohnt, Anweisungen zu geben; die Kranken machen dann die Übungen: „Das geht aber nicht bei Menschen, die durch Demenz verändert sind.“ Sie habe einen anderen Zugang gebraucht, lerne jetzt Körpersprache ganz neu zu lesen.
Unter den Profis im Kurs seien auch Hausmeister, Fußpflegerinnen und Friseure, sagt Groß. Zudem kämen Angehörige und Haaner, die eine Ehrenamtsaufgabe suchen. Gemeinsam lernen sie 30 Stunden die medizinischen Grundlagen kennen, üben Kommunikation und informieren sich über Träger-Angebote. „Es geht aber nicht um ein medizinisches Problem. Die Herausforderung ist, Menschen mit Demenz in die Gesellschaft zu integrieren.“
Schon der Kurs an sich fördert die Vernetzung: „Ich habe hier Leute kennengelernt, denen ich vertrauen kann“, sagt Teilnehmerin Meta (65). Sie betreue einen Angehörigen, müsse aber lernen, wie sie sich abgrenzen könne. Ansonsten sei sie lückenlos gefordert. Hilfe in Anspruch zu nehmen, falle ihr schwer: „Das widerspricht meiner Persönlichkeit.“
Ein Schlüssel für einen leichteren Umgang miteinander sei Wertschätzung für die Gefühle des Gegenübers, sagt Gabriela Wolpers vom Demenznetz des Kreises: „Manche können nicht mehr verständlich sprechen, aber vieles geht über die Gefühlswelt.“
Für die Ehrenamtler ist der Kurs wichtig, wenn sie in anerkannten Betreuungsangeboten mitwirken möchten. Die „Gute Stube“ im Haus am Park bietet zweimal pro Woche die Möglichkeit, Angehörige mit Demenz in einer entspannten Atmosphäre betreuen zu lassen. „Das schafft Freiräume, und sei es nur für einen Friseurbesuch“, so Groß. Die zehn Euro pro Stunde übernehmen die Krankenkassen, man muss das Geld aber vorstrecken.