Syrer werden Opfer von PC-Panne
Bilal Alnajar kam in Oktober mit seiner Familie nach Hilden. Bis heute warten sie auf ihre Papiere. Die Alnajars sind einfach aus dem Computer verschwunden.
Hilden. Im vergangenen Jahr sind mehr als eine Million Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Bei dieser Massenaufnahme hat vieles geklappt. Einiges ist aber auch offenbar gründlich schief gegangen. Das zeigt der Fall einer syrischen Familie aus Hilden.
Bilal Alnajar (31), seine Frau Duaa Ghusun (24) und ihre Söhne Nour Eddin (6) und Mustafa (3) kamen am 1. Oktober vergangenen Jahres in der landeseigenen Notunterkunft in der ehemaligen Albert-Schweitzer-Schule an. „Dort mussten sie alle gültigen Papiere abgeben“, berichtet Elisabeth Weber, die die Familie seitdem ehrenamtlich betreut: „Ihre Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchende galt bis 29. Oktober 2015. Seitdem ist die Familie ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung.“
Michaela Neisser, Flüchtlingsbeauftragte
Im Januar traten 15 Flüchtlinge aus Syrien in der Notunterkunft in einen Hungerstreik, darunter waren auch die Alnajars. Sie waren verzweifelt, weil sie im Gegensatz zu anderen nicht weiterverteilt wurden. Die Bezirksregierung Arnsberg sprach damals nur von „internen Schwierigkeiten“. Dann ging auf einmal alles ganz schnell. Die Asylbewerber dürfen in Hilden bleiben, die Stadt Hilden nahm alle 15 Flüchtlinge auf.
Neue Papiere haben haben die Alnajars aber immer noch nicht — bis heute. Ihre Betreuerin Elisabeth Weber (70) ließ nicht locker: „Ich bin zwar klein, aber ich habe ein breites Kreuz. Das habe ich in meinem Beruf als Bankkauffrau gelernt.“ Weber stellte fest: Familie Alnajar war aus dem Computer der Ausländerbehörde Mettmann und des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge Düsseldorf verschwunden. Die städtische Flüchtlingsbeauftragte Michaela Neisser hat recherchiert: „Die Alnajars, eine sehr nette Familie, sind tatsächlich aus dem Zuweisungscomputer der Bezirksregierung Arnsberg verschwunden. Der Fehler ist vermutlich passiert, als der Bruder mit seiner vierköpfigen Familie nach Duisburg zugewiesen wurde. Dort kamen fünf Alnajars an, vier blieben hier in Hilden.
Es hat lange gedauert, bis man uns das bei der Bezirksregierung geglaubt hat.“ Die Stadt Hilden habe jetzt zusammen mit der Bezirksregierung einen Weg gefunden, diesen Fehler „zu heilen“, bestätigt auch Bürgermeisterin Birgit Alkenings: „Leider war es wohl ausgesprochen schwierig, der Familie Alnajar den Verlauf und den Stand des Verfahrens zu erklären — auch mit Dolmetscher.“ „Das Asylverfahren der Familie war von diesem Fehler nicht betroffen und läuft ganz normal“, betont Neisser. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hört die Flüchtlinge an und lässt sie die Gründe für ihre Flucht und Verfolgung darlegen.
Werden die Asylbewerber als Asylberechtigte anerkannt, erhalten sie eine Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein bis drei Jahre. Die Stadt Hilden hat die Familie Alnajar bereits aus der Notunterkunft geholt und in einem städtischen Asyl untergebracht. Der Sohn kann in die Kita, die Tochter besucht im nächsten Schuljahr die Grundschule.
Aktuell gibt es in Hilden 150 Flüchtlinge, die in der gleichen Lage wie die Alnajars sind. Sie haben alle keinen Ankunftsnachweis, so Neisser. In den nächsten zwei Wochen will die Bezirksregierung Arnsberg dieses Problem lösen — und zwar landesweit.
Dann sollen alle diese Flüchtlinge mit einem Ausweis-Dokument ausgestattet werden. Neisser: „Auf diese Weise kommen die Alnajars aus Hilden auch wieder in das Zuweisungssystem.“