Wilder Westen hausgemacht
Armin Thoms ist Mitglied der Indianer-Gruppe „Iyuptala“, die sich regelmäßig in Hilden trifft.
Hilden. Der Wilde Westen fängt in Hilden an. Ein Mann mit armlanger Streitaxt und Bärenkrallen-Kette um den Hals bittet den Besucher in sein Reihenhaus im Biesenbusch. Armin Thoms (53) trägt Perlenstickerei im Stil der Atsina-Indianer an seiner amerikanischen Armeejacke. Lange Lederstreifen an seinen Beinkleidern würden — wäre er in der Prärie — seine Fußspuren verwischen. „Iyuptala“ heißt die kleine Gruppe von Indianer-Kennern, die der Hildener Postbote seit zehn Jahren mit seinen Freunden pflegt. Das Wort kommt aus der Lakota-Sprache und bedeutet „Gemeinschaft“, sagt Thoms.
„Wenn wir einen Auftritt haben, gehe ich komplett ausgestattet über die Straße“, sagt der Jicarilla-Apache Edgar Pahl (52). Mit ernstem Blick, Lederhemd und Kojoten-Haube sind ihm in seiner Heimat Rösrath erstaunte Blicke sicher: „Kojotenfell trägt man, um auf der Jagd nicht nach Mensch zu riechen.“
„Mit Karl May haben wir alle angefangen“, sagt Thoms. Irgendwann habe er aber wissen wollen, wie Indianer wirklich gelebt haben. Das Tagebuch von General George Custer (Schlacht am Little Bighorn gegen die Sioux-Indianer von Sitting Bull) habe er auf Deutsch, Fachverlage würden die Fans mit Literatur versorgen.
Vor zehn Jahren hat Thoms erstmals an einem Treffen teilgenommen. Ein im Callico-Muster geblümtes Hemd, Lendenschurz und Mokassins seien seine Ausrüstung gewesen. Die Anregungen für ihre Kleidung und Schmuckstücke holen sie sich von Fotos und Gemälden, sagt Simone Müller (46). Sie stellt eine Cheyenne-Kriegerin dar: „Kämpfende Frauen sind historisch belegt. Als Kriegerin habe ich Männerutensilien.“ Einen Fächer aus einer Bussardschwinge trage sie zum Tanz. Federn seien Ehrenzeichen für tapfere Taten, für einen Verdienst an der Gruppe.
„Meine Armeejacke könnte ein Beutestück sein — oder von einem Soldaten eingetauscht“, sagt Thoms über seine Kleidung. Die Perlenstickereien zeigen typische Muster für den vom ihm dargestellten Stamm. Die dünnen Pferdehaar-Büschel würden ihn als Pferdedieb auszeichnen. Kein Stück sei von einem Museumsstück abkopiert, sagt Thoms: „Man variiert das.“ Ansonsten würde er sich anmaßen, die Kleidung eines anderen zu tragen.
Wenn keine Indianer-Treffen sind, bastelt die Gruppe: „Für den Perlenbesatz am Lederhemd mit den Streifen an den Schultern habe ich den ganzen Winter gebraucht“, sagt Müller. Länger als zehn Jahre habe sie gebraucht, um drei komplette Ausstattungen immer weiter auszuarbeiten.
Die drei Indianer-Kenner treten regelmäßig für Kinder auf. Sie erklären Handwerkstechniken und Lebensweisen, informieren über die kargen Lebensverhältnisse in den Reservaten. Ihr großer Traum ist eine Ausstellung mit ihren vielen Utensilien.