Baumberg: Fischer auf dem Aalschokker
Baumberg hat eine reiche Geschichte als Fischerdorf, die bis ins Mittelalter zurückreicht.
Baumberg. Was hat Baumberg mit Singapur und Dubai gemeinsam? Nicht viel, möchte man meinen. Und doch blicken sie alle auf eine Vergangenheit zurück: Einst waren sie idyllische, kleine Fischerdörfer. Viel ist davon bei allen nicht geblieben.
Doch in Baumberg gibt es noch Spuren, die an die jahrhundertealte Tradition der Fischerei am Rhein erinnern. Es ist noch gar nicht lange her, da galt die Rheinfischerei in Baumberg als urwüchsiger Erwerbszweig. Vor allem die Aalschokker, spezielle Fangboote mit Schleppnetzen, prägten bis in die 60er Jahre das Bild des Rheinbogens.
Über Generationen übten Familien das Handwerk aus - allen voran die Familien Klodt in Monheim sowie Ubber und Weber in Baumberg. Letztere schlossen erst im Frühjahr nach 151 Jahren ihre Aal- und Forellenräucherei an der Klappertorstraße.
Begonnen hat die Geschichte der Fischerei mit der Baumbergs - im Mittelalter: 1296 erstmals urkundlich als "Boimberg" erwähnt, lebte die Menschen in dem Dörfchen am Rhein von Beginn an von Fischerei, Landwirtschaft, Ziegenzucht oder Korbflechterei. "Aber nicht jeder durfte einfach Fischer werden", weiß Stadtarchivar und Historiker Michael Hohmeier.
Ähnlich wie bei der Jagd habe es spezieller - von der geistlichen oder weltlichen Obrigkeit nach Gutdünken vergebener - Fischereirechte bedurft. Schließlich wollten auch sie von den Erzeugnissen profitieren.
Die ausgewählten Fischer erhielten ihre Rechte, mussten dafür jedoch bezahlen oder einen Teil ihres Fangs abgeben. Wer illegal fischte, wurde bestraft. Fischer zu sein in einem Dorf, das von der Landwirtschaft lebte, war nicht außergewöhnlich - bis ins 19. Jahrhundert hinein. Dennoch galt damals der Fisch auf dem Teller als etwas Besonderes - als Festessen im Gegensatz zu dem, was sonst auf den Tisch kam: Brot und Feldfrüchte, selten Fleisch.
"Dafür arbeiteten die Fischer hart", sagt einer, der es wissen muss: Anton Weber (72) hat selbst über Jahrzehnte das Handwerk auf dem Rhein ausgeübt. Mit dem Ende der feudalen Zeit im 19. Jahrhundert prägte sich nämlich die gewerbliche Fischerei aus. Der Staat verpachtete Teile des Rheins mit großen Fischbeständen wie Grundstücke - auch an die Webers. Das war 1857.
"Man hat damals rund um die Uhr gearbeitet. Spätestens um vier Uhr stand man auf. Netze mussten eingeholt und gesäubert werden. Boote wurden präpariert, Fische verarbeitet, bis abends wieder Netze ausgelegt wurden. Mit Glück hatte man um 21 Uhr Feierabend." Von Mai bis Oktober sah so der Alltag aus. Feiertage gab es nicht. Und nicht nur im heimischen Dorf wurden Salm (Lachs) und Aal feil geboten. Frühmorgens ging es mit schweren Körben voller Fisch auf Märkte bis nach Solingen und Remscheid - zu Fuß.
Bis zu fünf eigene Aalschokker zwischen altem Shell-Gelände und Benrath lieferten den Webers den Inhalt dieser Körbe. Heute noch steht ein anderer 20-Meter-Aalschokker als Wahrzeichen an der Monheimer Rhein-Promenade. In den 60er Jahren aber nahm das Fischen ein jähes Ende: Durch Abwässer verschlechterte sich die Wasserqualität dramatisch.
"Der Rhein war eine einzige Kloake, die Oberfläche bedeckt von toten Fischen", erinnert sich Hohmeier. Denn die Bevölkerung wuchs, mit ihr die Abwässer. Dazu breitete sich die Schifffahrt aus - die Fischerei kam zum Erliegen.
"Besonders in den letzten 20 Jahren hat aber ein Umdenken stattgefunden", betont der Stadtarchivar. Durch Kläranlagen habe sich die Wasserqualität verbessert, sodass auch wieder Lachs angesiedelt werden konnte. Nichtsdestotrotz seien damals 90 Prozent des Fischbestands unwiederbringlich verloren gegangen, fügt Anton Weber hinzu.
Die Rheinfischerei hat in Baumberg Spuren hinterlassen, auch wenn sie nicht mehr ausgeübt wird. Nur die nicht zu verkennende Zahl von Anglern "fischt" noch - nach Aal, Karpfen, Zander und dem legendären Riesenwels.