Behinderte in Hilden: Vom Land ist nichts zu hören

Straßen NRW hinkt Hildens Vorreiterrolle bei der Barrierefreiheit hinterher.

Hilden. Rampen statt Treppen, ausreichend breite Bürgersteige, abgesenkte Bordsteinkanten, Leiteinrichtungen in den Bürgersteigen, höhere Bushaltestellen für die Niederflurbusse oder Ampeln, die piepsen, wenn es grün wird, so genannte Blindenampeln - das alles wird in Hilden eingeführt, um die Stadt behindertenfreundlicher zu machen.

"Barrierefreiheit wird als Komfort betrachtet, nicht nur von Behinderten", sagt Wolfram Marold vom Blinden- und Sehbehindertenverein. Es profitieren nämlich nicht nur Behinderte davon, sondern auch Senioren und Eltern mit Kinderwagen.

Tatsächlich ist Hilden die erste Stadt in Nordrhein-Westfalen, die 2007 eine umfangreiche Zielvereinbarung mit einem ganz konkreten Maßnahmenkatalog, beschlossen und umgesetzt hat. Die Stadt hat die Aufgaben des Behindertenbeauftragten dem seit 1976 bestehenden Behindertenbeirat übertragen. Dieser ist eine Dachorganisation für Vereine, Verbände und Selbsthilfegruppen.

Helga Bruch ist Vorsitzende der Freizeitgemeinschaft für Behinderte und Nichtbehinderte und seit etwa 20 Jahren Mitglied im Behindertenbeirat. "Die Zusammenarbeit klappt sehr gut, weil wir einen kompetenten Vorsitzenden haben, und weil jedes Mitglied eine eigene Perspektive einbringt", sagt sie. Vieles im öffentlichen Raum ist bereits barrierefrei, bei neuen Bauvorhaben, konsultiert der Bauausschuss stets den Behindertenbeirat.

"In Hilden ändert sich fast täglich etwas am Stadtbild, was die Barrierefreiheit anbelangt", weiß Marold zu berichten. Da sei die Stadt wirklich Vorreiter. Aber es gibt auch Missstände. Die seien aber nicht der Stadt anzukreiden, sondern dem Land. Denn Kosten für Baumaßnahmen auf Bundes- und Landesstraßen trägt der Landesbetrieb StraßenbauNRW. "Und die kommen nicht in die Pötte", sagt Marold.

So seien Behindertenampeln an der Berliner Straße zwar beantragt, lassen aber auf sich warten. Das führt zu der kuriosen Tatsache, dass es zwar keine neuen Ampeln, aber Bodenindikationen gibt - die zahlt nämlich die Stadt.

"Die Anträge für die Ampeln an der Berliner- und der Walder Straße liegen bei uns vor", sagt Bernhard Meier vom Landesbetrieb. Sie müssten aber noch bearbeitet werden. Zunächst müsse geklärt werden, ob die Ampeln erforderlich seien, um anschließend die Umsetzung zu prüfen. "Es gibt verschiedene technische Möglichkeiten, was die Blindenampeln angeht, und wir können nicht alle Ampeln mit der optimalen Lösung ausstatten, weil wir die Mittel dazu nicht haben", sagt Meier - und ergänzt, dass in zwei bis sechs Monaten mit einer Entscheidung zu den Anträgen zu rechnen sei.

Marold ist von Straßen NRW enttäuscht und lobt umso mehr die Stadt. Andere Städte im Kreis wie beispielsweise Langenfeld oder Erkrath hätten nicht einmal einen Behindertenbeauftragten eingesetzt. "Doch gerade wegen der Altersentwicklung der Bevölkerung gewinnt Barrierefreiheit zunehmend an Bedeutung", sagt Marold.

Hilden ist bei der Thematik so vorbildlich, dass der Behindertenrat inzwischen von vielen Städten im Kreis eingeladen wird, um zu erklären, wie es funktionieren kann. Nun müssen die Hildener nur noch warten, dass Straßen NRW "in die Pötte kommt".