Carl-Diem-Weg: Name auf dem Prüfstand
Die Grünen halten daran fest, dass der Carl-Diem-Weg umbenannt werden sollte. Bürgermeister Schneider sieht keinen Anlass.
Langenfeld. Nur wenige Kilometer weiter verschärft sich die Debatte: In Ratingen sollen drei Straßen umbenannt werden, weil deren Namensgeber Hermann Stehr, Agnes Miegel und Ina Seidel den Nationalsozialismus verherrlicht haben. Die Anwohner müssen sich vielleicht schon bald an eine neue Adresse gewöhnen — fürchten jedoch Kosten und Aufwand.
Auch Langenfeld ist eine derartige Debatte nicht fremd. 1997 beantragten die Grünen, ermutigt von einer erfolgreichen Straßenumbenennung in Meerbusch, den Carl-Diem-Weg umzubenennen. Als hoher Sportfunktionär habe sich Diem schnell mit der nationalsozialistischen Diktatur arrangiert und ihr bis zuletzt die Treue gehalten, begründeten die Grünen damals den Antrag. Sie schlugen vor, den Weg nach dem jüdischen Kinderarzt Hugo Zade umzubenennen.
Es schlossen sich Diskussionsabende mit Historikern und Zeitzeugen an. Staatsarchivdirektor Peter Dohm erklärte, Diem sei tief in die Machenschaften des NS-Regimes verstrickt gewesen und habe sich dem Regime „über das erforderliche Maß hinaus“ zur Verfügung gestellt.
Es folgten Debatten in Ausschüssen und Stellungnahmen von Anwohnern. Diese sprachen sich mehrheitlich gegen die Umbenennung aus, der Aufwand sei zu groß, Kosten wurden befürchtet. Die Entscheidung im Stadtrat fiel nach geheimer Abstimmung: 22 Ratsmitglieder stimmten für die Umbenennung, 27 für Nein, ein Ratsmitglied enthielt sich.
Seitdem ist es ruhig um den Carl-Diem-Weg geworden. Dennoch verfolgt Helmut Konrad, Fraktionsvorsitzender der Grünen, gespannt die Debatte in anderen Städten. Er kann sich vorstellen, dass auch in Langenfeld die Diskussion noch einmal auf den Tisch kommt, will sich aber zunächst innerhalb der Fraktion über einen Antrag beraten. „Kein Beschluss ist eingemauert“, sagt er. Die aktuellen Diskussionen in anderen Städten könnten auch ein Umdenken in Langenfeld bewirken, möglicherweise sei auch die Stimmungslage der Anwohner des Carl-Diem-Wegs heute eine andere.
Bürgermeister Frank Schneider sieht jedoch keinen Anlass für eine Umbenennung des Wegs. Er ist mit dem Ratsbeschluss vom September 1997 unter Bürgermeister Magnus Staehler zufrieden. „Es geht nicht darum, ob eine Umbenennung zu kompliziert wäre. Der Weg ist nicht sehr lang, so viele Anwohner wären also nicht betroffen“, sagt Schneider. Die Debatte damals habe jedoch zutage gebracht, dass es viele unterschiedliche Meinungen über das Wirken Diems gegeben habe. „Es gibt umfassende Abhandlungen von Befürwortern und Gegnern Carl Diems.“ Der Nationalsozialismus sei ein Thema, „mit dem wir uns ständig beschäftigen sollten“, sagt Schneider. „Das gehört zu unserer Zeit.“
Konrad unterstellt Schneider indes, schlecht informiert zu sein, Es stehe außer Frage, dass Diem in den Nationalsozialismus verstrickt war. „So jemand kann in einer Demokratie nicht als Vorbild gelten, nach dem man eine Straße benennt.“